Die Oase von Aralsk: Bei Bugra, Mustafa und Talan

Rückblick… Auf der Suche nach dem ehemaligen Hafen von Aralsk irren wir durch die Straßen des trostlosen Ortes. Die Sonne brennt und unsere Entdeckungslust schwindet dahin. Wir sind kurz davor, das Unterfangen aufzugeben, umzudrehen und Aralsk ein für alle Mal zu verlassen. Ich fotografiere gerade noch eine Kuh, die in einer Bushaltestelle Schutz vor der Sonne sucht, als wir eine Stimme hören. Sie ruft in Englisch: „Hey, what are you doing here?“ Karsten ruft zurück: „We don´t know!“ Die fremde Stimme gehört Bugra, der von Mustafa begleitet wird. Sie sind gerade auf dem Weg in ihr Büro, einer türkisch-kasachischen Firma für Fischverarbeitung. Das Bürogebäude ist uns schon vorher aufgefallen. Es passt so gut in dieses Inferno wie eine Freiluftaufführung von „Schwanensee“.

  

Die beiden netten Jungs sind Agrar-Ingenieure aus der Türkei. Sie wohnen gemeinsam mit ihrem Kollegen Talan aus Kirgistan in einer Haus-WG fußläufig von hier. Sie freuen sich über jede Abwechslung und können gar nicht oft genug betonen, wie eintönig das Leben hier ist. Sie laden uns kurzerhand in ihr Büro auf Tee ein. Und dann in ihr Haus zum Abendessen, Wäschewaschen und Duschen. Da Karsten und ich uns mindestens genauso über Abwechslung freuen, nehmen wir die Einladung an und verschieben unsere Flucht aus diesem Ort um einen Tag.

Das Haus ist groß, stilvoll eingerichtet, heimelig. Eine kasachische Haushälterin sorgt für Ordnung in der Männerwirtschaft. Sie hilft mir auch die Waschmaschine zu bedienen – meine erste Waschmaschine seit sieben Monaten! Das Haus ist eingezäunt. Der Innenhof ist karg bis auf einen kleinen Nutzgarten. Die Herren Agrar-Ingenieure geben alles, um hier Salat, Tomaten und Kräuter wachsen zu lassen – ein hartes Unterfangen bei dem Klima und dem kargen Boden. Für das Abendessen erntet Mustafa feierlich den ersten Salat und ein bisschen Petersilie. Es ist ein Großereignis, an dem die ganze WG teilnimmt und das fotografisch festgehalten wird.

       

Das Abendessen ist fantastisch. Mustafa hat ein großartiges türkisches Fischgericht gezaubert. So gut habe ich schon seit Monaten nicht mehr gegessen. Es gibt Bier und – natürlich – Wodka. Der Abend ist fröhlich und ausgelassen und wir erfahren etwas mehr über die Drei. Mustafa (großes Foto links) ist verheiratet und hat einen dreijährigen Sohn. Seine Frau ist Russin und gemeinsam wohnen sie in Russland. Gebürtig kommt Mustafa aus Alanya, wo er früher auch im Tourismusgeschäft gearbeitet hat. Für ihn ist es besonders traurig, von seiner Frau und seinem kleinen Sohn getrennt zu sein. Trotzdem will er diesen Job noch einige Zeit machen. Aber eigentlich träumt er von einem eigenen Fischrestaurant. Das Zeug dazu hätte er auf jeden Fall.

Talan (Mitte) kommt gebürtig vom Issyk-Kul in Kirgistan. Das ist der See, der den weitesten Punkt unserer Reise markieren wird. Er hat eine Frau und ein Kind, die in Kyzlorda, etwa 400 Kilometer entfernt von Aralsk, leben. Talan hat Wirtschaft studiert und macht die Buchhaltung in der Firma. Er fährt alle zwei Wochen für vier Tage nach Hause. Davon träumen Mustafa und Bugra nur.

Bugra (rechts) kommt aus Istanbul. Er arbeitet seit elf Monaten für die Firma. Er ist bekennender ultrAslan-Fan (Istanbuler Fußballclub) und hinterlässt zu Hause eine Verlobte und einen Deutschen Schäferhund. Er leidet unter der Situation, so weit weg zu sein von seinen Liebsten. Er arbeitet elf Monate in Aralsk und hat dann einen Monat Urlaub in Istanbul. Wie lang er das noch machen will? Je nachdem, welche Alternativen sich ihm bieten werden.

Die Jungs sind herzlich, natürlich, unkompliziert. Wir genießen den Abend und bleiben am nächsten Tag noch bis zum Mittagessen. Wir wünschen den Dreien von Herzen, dass sie so schnell wie möglich nach Hause zu ihren Familien finden. Um diesen Wunsch symbolisch zu machen, schenken wir ihnen zum Abschied einen Kompass.

Veröffentlicht unter Allgemein, Begegnungen, Kasachstan | Verschlagwortet mit , | Hinterlasse einen Kommentar

Aralsk und Kaffeeklatsch mit einem Kamelzüchter

Rückblick … Aralsk ist mit Abstand der abscheulichste und traurigste Ort, den ich in meinem Leben besucht habe. Ich habe viel über diesen Ort gelesen oder in Fernsehreportagen gesehen. Ich hätte mir denken können, wie traurig er ist. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es sich auch so anfühlt. Ein dicker Kloß steckt im Hals beim Anblick dieser heruntergekommenen Stadt. Zerstörte, verlassene Gebäude säumen den Straßenrand. Das einzige Hotel am Platz erweckt den Eindruck als hätte es schon vor Jahren geschlossen. Die Luft ist staubig und salzig. So salzig, dass es sich wie ein Film auf den Körper legt. Eine Honigmelone, die auf unserem Teller zwischen Fahrer- und Beifahrersitz liegt, schmeckt nach 20 Minuten salzig.

        

Die Einheimischen, mit denen wir Kontakt haben, wirken missmutig und traurig, sind unfreundlich. Vermutlich auch skeptisch gegenüber Touristen und „Schaulustigen“, was ich verstehen kann. Kontaktfreudig, neugierig und nett sind einige Kinder, die sich unverwandt zu uns in den Bus gesellen. Der Tankstellenwart ist an diesem Tag freundlich, am nächsten schickt er Karsten grummelnd weg. Karsten ist nämlich so dreist, ihn in seinem Tankstellenhäuschen beim Schlafen zu stören und Autogas tanken zu wollen.

  

Ein kleiner übriggebliebener See mitten in der Stadt stinkt bestialisch nach Urin und Abfall. An seinem Ufer grasen Kamele und Kühe. Es stehen auch Häuser dort. Dort spielen Kinder. Später erfahre ich von Bugra und Mustafa, dass die Kommune den See als örtliche Mülldeponie nutzt. Das sei billiger als eine Deponie außerhalb von Aralsk zu betreiben. Ich frage: „Hat die Kommune kein Geld?“ Die Antwort tut weh: „Doch, aber die Verantwortlichen stecken die Steuern in die eigenen Taschen.“

  

Jedes zehnte Kind, das in Aralsk geboren wird, erlebt seinen ersten Geburtstag nicht. Das Salz und der Staub – alles was hier noch vom Aralsee übrig ist – setzen sich in den Bronchen fest, verursachen Asthma und Allergien. Als wäre das noch nicht schlimm genug, gab es in den letzten Jahren vereinzelte Fälle von Pest. Tiere starben an Milzbrand. Die Sowjets haben bis Anfang der 1990er Jahre auf einer Insel im Aralsee Biowaffen getestet. Mit der Unabhängigkeit Kasachstans vergruben sie die Fässer mit den Erregern einfach im Sand und verschwanden. US-Truppen entdeckten sie einige Jahre später und veröffentlichten, dass einige Fässer Lecks hatten. Durch den sinkenden Wasserspiegel hat sich die Insel deutlich vergrößert und die Entfernung zum Festland entsprechend verringert. Man vermutet, dass Vögel Erreger an das Festland gebracht haben. Auch wenn die Lecks mittlerweile geschlossen wurden, bangt man vor dem Tag, an dem die Insel eine Halbinsel wird… 35.000 Menschen harren trotzdem noch immer in Aralsk aus. Vielleicht haben sie keine Alternative… oder sie warten und hoffen auf die Rückkehr des Wassers (siehe Kommentar von zurken).

Der lebendigste Ort in Aralsk ist wohl der Basar. Es gibt eine Markthalle, in der viele Verkäuferinnen an kleinen fest installierten Ständen alle das gleiche verkaufen. Es gibt nicht viel Auswahl. Brot und Kekse, Bonbons, einige Konserven. Tomaten, Gurken und Pflaumen. Hühnerschenkel gammeln bei über 30 Grad auf einer Theke. Vor der Halle verkaufen Frauen in der glühenden Sonne vornehmlich Melonen, Zwiebeln und Getreide. Wenn man sich die Fotos eingehend anschaut, wird man auch hier kaum ein Lächeln in den Gesichtern finden. Was ich verstehen kann.

       

Eines der Ziele unserer Reise war, den Aralsee zu sehen. Wir haben alles versucht, um dies gemeinsam erleben zu können (lies: Karstens Artikel Aralski More). Dann wird klar: nur einer oder keiner. Da Karstens Wunsch, den Aralsee zu sehen, etwa 17 Jahre älter ist als meiner, und ich ohnehin kein Motorrad fahren kann, verzichte ich auf das Erlebnis. Wenigstens habe ich ihn am Vortag einmal aus der Ferne gesehen.

  

Dafür bekomme ich morgens Herrenbesuch. Auf dem Motorrad kommen sie erst zu zweit und mit einem platten Autoreifen. Ob ich eine Luftpumpe hätte, fragen sie. Ein bisschen nervös bin ich – so allein mit zwei fremden Männern in der Steppe. Ich gebe ihnen unseren Kompressor und schließe ihn an den Zigarettenzünder an. Sie sind freundlich, vorsichtig, distanziert. Ich glaube, sie denken was ich denke und wollen signalisieren: „Alles ok. Wir wollen wirklich nur Luft.“ 30 Minuten nachdem sie verschwunden sind, kommt das Motorrad wieder. Diesmal ohne Beifahrer. Der Fahrer ist neugierig. Steckt seinen Kopf durch das Fenster. Ob ich Tee hätte für ihn? Tee, nein. Aber Kaffee. Die Idee findet er super. Ich koche Kaffee, lade ihn aber nicht zu mir in den Bus ein. Stattdessen stelle ich zwei Hocker davor. Wir trinken Kaffee, erzählen – mit Händen und Füßen, mit Bildern, mit Brocken Russisch. Kamelzüchter ist er. 100 Kamele hat er. Und Pferde. Und eine Frau und drei Kinder. 30 Jahre ist er alt. Die zwei Fischer vom Aralsee, die in meinem Reiseführer abgebildet sind, kennt er. Einer ist 2007 gestorben. Aber der andere ist 82 und noch topfit. Meine Aufregung weicht und der Kaffeeklatsch wird nett. Trotzdem bin ich froh, als Karsten zwei Stunden später wiederkommt und den Kamelzüchter ablöst.

Als Abschluss unseres Aralsee-Besuchs fahren wir zurück in die Stadt und wollen zu Fuß den ehemaligen Hafen finden. Ihn finden wir nicht, dafür aber Bugra und Mustafa, die uns spontan zum Abendessen einladen. Ihr Haus und ihre Gesellschaft sind wie eine Oase an diesem furchtbaren Ort. Deswegen haben sie auch einen eigenen Artikel verdient (lies: Die Oase von Aralsk: Bei Bugra, Mustafa und Talan).

Veröffentlicht unter Allgemein, Begegnungen, Kasachstan | Verschlagwortet mit , | 2 Kommentare

Bei Galymhan und Samchan in Turkestan

     

50 Kilometer vor Turkestan halten wir an einem Auto, das mit Reifenpanne am Straßenrand steht. Zwei Männer, die offenbar als Mitfahrer in dem Wagen unterwegs waren, fragen uns, ob wir sie nach Turkestan mitnehmen können. Wir lassen sie einsteigen.

Unterwegs kaufen Galymhan und Samchan, zwei Bahnarbeiter auf dem Weg nach Hause, Melonen für uns und fragen uns, ob wir noch einen Tee mit ihnen trinken. Wir willigen ein und landen im Gästezimmer im Haus von Samchan, dem älteren der beiden. Wir werden bekocht und bewirtet. Im Hintergrund läuft ein Hochzeitsvideo.

Nach dem Essen begleitet uns Galymhan zum Mausoleum von Khoja Ahmed Yasawi, bevor wir alleine weiter nach Schymkent reiten.

 

Veröffentlicht unter Allgemein, Begegnungen, Kasachstan | Verschlagwortet mit , | 1 Kommentar

Kasachen oder Kasachstaner?

Ehrlich gesagt habe ich mich vor unserer Einreise nur wenig mit Kasachstan beschäftigt. Ich wusste vom schwindenden Aralsee und der damit verknüpften ökologischen Katastrophe. Ich wusste, dass die Sowjets ihre Atomwaffen auf kasachischem Boden getestet haben, und dass Stalin zigtausende Menschen hierher in Arbeitslager verbannt hat. Ich wusste, dass es viel Steppe gibt und zwei Hochgebirge. Ich wusste, dass das Land viel Öl besitzt. Bei so wenig Vorwissen ist es leicht, sich mit interessanten Fakten überraschen zu lassen.

Zum Beispiel damit, dass im neuntgrößten Land der Welt Vertreter von 121 unterschiedlichen Nationalitäten leben. Sie alle sind Kasachstaner, 16 Millionen etwa (2009). Aber nur die Hälfte (52 %) von ihnen sind auch Kasachen, die der Titularnation angehören. 31 Prozent der Kasachstaner sind Russen, 4 Prozent Ukrainer, je 2 Prozent Tataren und Deutsche. Die anderen 9 Prozent der Bevölkerung repräsentieren die übrigen 116 Nationalitäten. Dieser Völkermix ist zum einen auf die jahrhundertelangen Wanderungen und Eroberungszüge in Zentralasien zurückzuführen (wir alle kennen beispielsweise Temüdschin, den Dzhingis Khan), zum anderen auf Stalins Deportationspolitik (z.B. Wolgadeutsche, Tartaren, Kalmücken – siehe auch Artikel Russland).

Zurück zu den Kasachen: Bis Ende der 1920er Jahre lebten viele Kasachen – soweit ich weiß sogar die meisten – als Halbnomaden. Das heißt, im Sommer sind sie mit ihrem Vieh und ihrer Jurte durch die Steppe gezogen und haben dort mit der ganzen Familie gelebt. Die Steppenvegetation ist so karg, dass die Beweidung an einem Ort eine Herde nicht ernähren könnte. Nur in den bitterkalten Wintermonaten (bis zu -40 Grad) lebten sie in festen Winterquartieren.

Stalin hatte dann die unglaubliche Idee, das Nomadentum des kulturellen Fortschritts willen zu verbieten. Den Familien wurden Siedlungen zugewiesen wo sie sich niederlassen mussten. Das Vieh wurde größtenteils enteignet und in Kollektivwirtschaften versorgt. Dort starb der Großteil der Tiere. Die ganze Aktion brachte schließlich rund zwei Millionen Menschen den Hungertod. Eine weitere Million wanderte aus, zum Beispiel nach China und in die Mongolei. Bravo, Stalin. Das nenn ich mal Fortschritt.

Seit dem Untergang der Sowjetunion gibt es wieder Halbnomaden in Kasachstan. Wir haben leider noch keine getroffen. Dafür eine ganze Reihe anderer Kasachen und Kasachstaner. In Kontakt zu kommen ist recht einfach. Die Menschen sind freundlich und als deutsche Touristen sind wir hier echte Exoten. Unser Wohnmobil macht dann noch einmal extra neugierig. (Viele schütteln nach einer Busführung erstaunt den Kopf und kommentieren sinngemäß „Ts ts, sowas gibt´s ja gar nicht“.)

Das Titelfoto zeigt übrigens drei junge Kasachen. Sie leben in dem 600-Seelen-Dorf Zalanai etwa 60 Kilometer hinter Aralsk. Vor wenigen Jahrzehnten noch lag das Dorf direkt am Aralsee. Heute ist das Ufer rund zehn Kilometer weit weg. Da wo mal Meer war ist jetzt Morast und Sand, Fischkutter verrotten genau an den Stellen, wo sie früher im Wasser lagen. Die Menschen leben heute nicht mehr vom Fischfang. Jetzt züchten sie Kamele und Pferde.

In einem Vorort von Aktöbe trafen wir diese ukrainische Kasachstanerin beim Wasser holen. Sie ist 72 Jahre alt und lebt mit ihrem Hund in einem kleinen Haus gleich hinter der Wasserpumpe. Ich hätte sie gern gefragt, wann und wieso sie in das Land gekommen ist. Für diese Qualität der Konversation reicht mein Russisch dann aber leider doch nicht aus. Statt zu reden hielt ich ihren Wassereimer, was eigentlich völlig überflüssig war. Die Bizeps der Frau waren doppelt so dick wie meine. Meine Frisur auf dem Foto bedeutet übrigens nicht, dass ich gerade erst aus dem Bett gekrochen bin. Auch stehe ich mit Karsten in keinerlei Wettbewerb zum Thema Haarwuchs. Der Wind stand einfach ungünstig.

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

1.000 km im 2. Gang

Die M32 von Aktöbe nach Schymkent ist die zweite Nord-Süd-Achse Kasachstans neben der Strecke von der neuen Hauptstadt Astana zur alten Almaty. Der Buchstabe „M“ vor der Nummer bedeutet, dass es sich um eine Republikstraße handelt, also so etwas wie eine Bundesstraße bei uns. Die zweispurige Fahrbahn wird derzeit auf einer Distanz von 1.500 Kilometern mit immensem Aufwand komplett erneuert. Das 400 Kilometer lange Teilstück von Karabutak bis Aralsk, auf dem weder Ortschaften noch Tankstellen zu sehen sind, ist bereits zu 75 % fertiggestellt. Eine derartige Distanz auf topfebenen Oberflächen fahren wir locker an einem halben Tag.

Auf dieser Strecke werden wir unfreiwillige Heuschreckenmassenmörder.

Das Ergebnis ist ein beachtlicher Heuschreckenfriedhof. Doch auch andere Tiere haben hier nicht viel zu lachen.

     

100 Kilometer vor Aralsk hört der Spaß dann auf. Teilstücke von 10 bis 30 Kilometern befinden sich derzeit jeweils in der Fertigstellung. Der Verkehr wird an diesen Stellen auf Behelfsstraßen neben den Bauarbeiten umgeleitet. Deren raue Kiesoberfläche ermöglicht ein Vorankommen nur im zweiten Gang mit 20 bis 30 km/h. Dann kommen immer wieder freigegebene fertiggestellte Abschnitte, auf denen man normal fahren kann. On-Off, On-Off… Ganz besonders tückisch sind jedoch kurze Teilstücke der alten Fahrbahn in der Nähe von Ortschaften. Hier gibt es nur schwer sichtbare Bodenwellen, die unser Gespann wie einen wilden Bock aufschaukeln lassen. Glaubt man der Beschilderung, sollen die Arbeiten an der M32 bis März 2013 abgeschlossen sein.

Wegen der schlechten Behelfsstraßen und der ständigen Reparaturen (Reifenschaden, Fahrwerksschaden) kommen wir sehr schleppend voran, manchmal nur 150 Kilometer pro Tag. Das Gerüttel auf den Kiesstrecken ist zermürbend und zerstört langsam aber sicher unser Auto – egal wie vorsichtig wir fahren. Doch nicht nur wir haben Probleme. Ständig sieht man vornehmlich LKWs mit Reifen- und Fahrwerksschäden am Straßenrand stehen. Die Behelfsstraßen werden kaum gewartet, und Gefahrenstellen sind nur äußerst selten mit Schildern abgesichert. In den vielen kleinen Werkstätten in den Ortschaften entlang der Strecke werden im Akkord Reifen geflickt und Stoßdämpfer ausgetauscht.

Zwischen Qysylorda und Turkestan wird die Straße dann wieder besser. Ab hier wird eine vierspurige Autobahn gebaut, von der auf weiten Strecken eine Hälfte bereits fertiggestellt ist. Zwischen Turkestan und Schymkent ist dann wieder viel Gegurke über die alte Landstraße und Schotterpisten angesagt, weil der Ausbau der Autobahn hier noch nicht weit vorangeschritten ist. An eine Fertigstellung bis März 2013 ist hier nicht zu denken.

Am Ende werden es wahrscheinlich nur gefühlte 1.000 Kilometer im zweiten Gang und echte 400 auf der Strecke von Aktöbe nach Schymkent werden. Doch auch das ist eine Quälerei.

Ich hoffe inständig, dass wir heil in Almaty ankommen. Unser geplanter Rückweg über Astana soll deutlich besser ausgebaut sein, ansonsten würden wir es nicht wagen weiterzufahren.

Noch etwas: Bei unserer Vorbereitung auf die Reise haben wir zwar gelesen, dass es in Kasachstan keine Haftpflichtversicherung gibt. Doch in den letzten der bisher ca. 25 Polizeikontrollen wurden wir zweimal auf unsere Autoversicherung angesprochen und einmal nur widerwillig durchgelassen. Um Ärger zu vermeiden, haben wir jetzt eine Versicherung in einer der vielen kleinen Versicherungsagenturen in den Ortschaften abgeschlossen. Kosten: ca. 30 Euro für drei Monate.

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Aralski More

Mein Wunsch, den Aralsee noch einmal zu sehen, bevor er ganz verschwunden ist, ist bereits so alt wie meine ungeborenen Kinder, die jetzt schon erwachsen sein könnten – also 18 Jahre. So sieht der See in echt aus, wenn man tatsächlich da war:

     

Eigentlich total langweilig, und wenn man auf dem letzten Bild genau hinsieht, schippert auch noch ein öder Schwan darauf herum. Eigentlich wollte ich ja an diesem Ort ein paar Tränen vergießen, um den See mit meiner Traurigkeit wieder ein wenig aufzufüllen. Leider ist die emotionale Stimmung nicht aufgekommen. Stattdessen habe ich dann hineingepinkelt. Ist eh effizienter.

Der Grund für meine Gefühlshemmungen lag wahrscheinlich in der strapaziösen Anreise, denn der See macht sich ja bekannterweise dünn und ist daher nicht so leicht aufzufinden. Wie man trotzdem dorthin findet, habe ich in diesem GPS-Track aufgezeichnet: Aralski More.

Zunächst muss man durch den wohl hoffnungslosesten Ort, den ich je gesehen habe. Aralsk hat ca. 35.000 Einwohner und war in den 1960er Jahren offenbar ein schmuckes Fischerdörfchen mit sozialistischem Tourismus. Davon ist außer verrosteten Hafenanlagen und einem heruntergekommenen Hotel nichts übrig gebliebenen. Das Meer ist jetzt an der nahesten Stelle mehr als 20 Kilometer entfernt. Dort, wo früher das Wasser ans Ufer plätscherte, ist jetzt vermüllte Wüste.

     

Wie öde der Ort ist, zeigt auch dieses kleine verwackelte Filmchen:

Nachdem wir alle möglichen Leute gefragt haben, wo man denn noch den See sehen könnte, erfahren wir, dass wir zu einem Ort namens Tastübek müssen. Dieser ist jedoch schlappe 80 Kilometer von Aralsk entfernt, und zwar fast ausschließlich über Kies- und Sandstraßen. Auf derartigem Untergrund fahren wir mit unserem Bus im zweiten Gang zwischen 20 und 30 km/h. Schnell gerechnet: Noch einmal drei bis vier Stunden Fahrt in der sengenden Hitze. Ist jedoch eine Milchmädchenrechnung gewesen. Eine Reifenpanne sorgt für ein wenig Abwechslung während der öden Fahrerei. Wir beschließen, den Wagen stehenzulassen und mit dem Motorrad weiterzufahren. Bis Tastübek sind es noch über 40 Kilometer. Bei einem Dorf namens Zalanai können wir von weitem ein Schiffswrack erkennen, doch der Weg dorthin verläuft im tiefen Sand. Auch der weitere Weg nach Tastübek besteht nur noch aus plattgefahrenem Sand. Wir kehren um, weil es schon zu spät ist und der Weg mit dem Hund auf dem Tank zu beschwerlich ist.

     

Auf einem kleinen Abendspaziergang macht Sylvia noch ein paar stilvolle Fotos von der Gegend, die eher einer Mondlandschaft gleicht als einem übervölkerten Planeten.

     

Am nächsten Morgen fahre ich alleine mit dem Motorrad los. Ohne Beifahrerin und Hund düse ich mit bis zu 80 km/h über die Pisten. Das ist das richtige Terrain für das Moped. In Zalanai rechts an einer Moschee auf die Sandpiste abgebogen und dann 24 Kilometer auf Sand in unterschiedlicher Konsistenz. Mit normalen Straßenfahrzeugen kommt man hier wegen der tiefen Fahrspuren nicht mehr weiter.

     

Tastübek ist dann am Ende der personifizierte Arsch der Welt. Hier laufen die Einwohner weg, wenn sie fremde Fahrzeuge durch ihr Dorf fahren sehen. Um ans Ufer zu gelangen, muss man noch einmal zehn Kilometer weiter Richtung Süden fahren. Am Ende wird es so morastig, dass ich das Motorrad stehen lassen und mich barfuß durch schilfiges Watt zum Wasser vorarbeiten muss.

     

Zu guter Letzt habe ich dennoch eine tiefe Eingebung am Rande des Sees. Zwischen den Muscheln finde ich einen Stein, der ziemlich genau die Umrisse unserer Reiseroute aus dem Übersichtsbild hat. Wenn das kein Omen dafür ist, dass wir die Reise auch ganz zu Ende fahren.

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | 2 Kommentare

Baiganin – die Stadt in der Steppe

Zwei Tage lang juckeln wir durch die Steppe, 240 Kilometer Schlagloch- und Schotterpiste, Staub, Einsamkeit. Irgendwo zwischen Atyrau und Aktöbe dann erscheint der Ort Baiganin. Ein paar Tausend Menschen wohnen hier, schätze ich. Trotz seiner Kargheit ist der Ort beschaulich, aufgeräumt, freundlich.

     

Zuerst wollen wir Trinkwasser und Brot besorgen. Die Suche nach einem Geschäft ist nicht einfach, denn die Läden hier haben weder Schaufenster noch Leuchtreklame. Ein handbemaltes Schild, blau-weiß, mit dem kasachischen Wort für Geschäft über der Tür ist alles was darauf hinweist. In dem Laden ist es heimelig. Brot duftet von der Ladentheke und eine hübsche Kasachin in einem roten Kleid lächelt mich an. 20 Liter Wasser kaufe ich bei ihr, noch etwas Saft, Brot und Plätzchen. Obst und Gemüse gibt es hier nicht. Auch kein Käse oder Wurst. Dann überrasche ich sie mit der Bitte, ein Foto machen zu dürfen. Dafür überrascht sie mich mit einem Snickers als Dankeschön.


Als nächstes Benzin. Wir finden eine hübsche Tankstelle. Die im Blümchenhemd gekleidete Tankstellenwartin klingeln wir vermutlich aus der Mittagspause, so mürrisch wie sie schaut. Deshalb mache ich lieber kein Foto von ihr. Dafür aber von der historisch anmutenden Zapfsäule mit analoger Zähluhr.

Jetzt Brauchwasser für den Wassertank. Die Tankstellenwartin zeigt auf ein Haus, vor dem es einen Brunnen geben soll. Während wir ihn orientierungslos suchen, beobachtet uns eine Familie über den Gartenzaun. Damit diese uns nicht für Vollidioten oder BND-Spitzel hält, versuche ich den Leuten zu erklären, was wir suchen. Sie verstehen und verweisen uns nicht auf den Brunnen sondern holen ihren Gartenschlauch und füllen unseren Tank. Ich mache derweil Busführungen für die Familienmitglieder und lasse mich fotografieren. Als der Wassertank voll ist, beginnt der Familienvater unser schlammiges und staubiges Auto abzuduschen. Eine nette Geste eigentlich, die Karsten jedoch einen leicht panischen Gesichtsausdruck verleiht. Da hat er 19.000 Kilometer so hart für diese Patina gearbeitet und der Mann duscht sie in Sekunden wieder ab. Nach etwa vier Quadratmetern zerstörter Patina schafft Karsten es mit wilden Gesten den jetzt verdattert dreinblickenden Herrn zu  stoppen.

  

Weil gerade alles so gut klappt (abgesehen von der Autowäsche) fragen wir die Familie zum Abschied nach einem Schweißer oder Schlosser. Am Heck des Busses rostet uns der Rahmen weg, so dass die Hintertür rauszubrechen droht. Tatsächlich gibt es eine einschlägige Firma, keine 200 Meter weiter. Also hin. Der große Hof ist leer, ein einziger Mann hält die Stellung und schaut sich unser Problem an. Sie können das reparieren, aber erst nach der Mittagspause in 30 Minuten. Ja, die Mittagspause zwischen 13 und 14 Uhr ist den Kasachstanern heilig. In dieser Zeit läuft nichts in diesem Land. Roland, der Biker aus Ungarn hat erzählt, dass sogar die Grenzbeamten in der Mittagspause die Grenze geschlossen haben. Also sollte mal jemand von euch nach Kasachstan einreisen wollen: nicht zwischen 13 und 14 Uhr.

     

Die nächsten drei Stunden verharren wir bei etwa 40 Grad im Schatten. Die Tür wird geschweißt, der Kollege macht seine Arbeit gründlich. Der Preis ist 4.000 Tenge (22 Euro). Dass die Tür danach immer noch etwas instabil ist liegt nicht an der Schweißarbeit sondern daran, dass die mit dem Rahmen verbundenen Bodenbleche unter den Küchenschränken teilweise ebenfalls weggerostet sind. Für heute reicht uns das aber so. Eine Grundsanierung braucht die Karre sowieso wenn wir wieder zu Hause sind. Jetzt geht es erst einmal wieder zurück in die Steppe.

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Hallo aus Aralsk

Wir sind vorgestern heile und zu Dritt in Aralsk angekommen. Die Straßen waren entgegen aller Warnungen auch mit unserem Gespann gut machbar. Internet ist rar. Auf der Suche nach dem ehemaligen Hafen in Aralsk haben wir eben Bugra und Mustafa kennengelernt. Zwei junge Ingenieure aus der Türkei, die hier in einer türkisch-kasachischen Firma für Fischproduktion arbeiten. In ihrem klimatisierten (!) Büro können wir gerade das Internet benutzen. Draußen brennt die Sonne bei gefühlten 45 Grad. Die beiden haben uns heute zum Abendessen, Duschen und Wäschewaschen eingeladen. Morgen fahren wir weiter Richtung Schimkent. Dann gibt es mehr von uns aus Kasachstan. Es ist wieder viel passiert….

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Alles ist relativ

Ich nehme alles zurück, was ich jemals über die Straßen von Albanien, Moldawien, Rumänien, Bulgarien etc. geäußert habe. Das sind alles hochmoderne und akkurat gewartete Fahrbahnen verglichen mit der Straße zwischen Atyrau und Aktöbe in Kasachstan. Statt die Strecke von ca. 1000 km über die Hauptstraßen zu fahren, haben wir uns entschieden, eine direkte Verbindung quer durch die Steppe von 500 km zu nehmen. Da wussten wir noch nicht, was es in Kasachstan bedeutet, wenn man eine Nebenstrecke befährt. Irgendjemand hat uns vor der Reise erzählt, dass die Kasachen teilweise neben der Strecke in der Steppe fahren, weil der Fahrbahnbelag so schlecht ist. Jetzt wissen wir, wie es ist, eine Teiletappe von 240 km größtenteils neben der Straße und am Limit des gerade noch Möglichen zu fahren. Fahrer von Allradfahrzeugen hätten hier einen Heidenspaß. Von Schlammdurchfahrten bis zu Kletterpartien ist alles dabei. Wir hingegen leben in der ständigen Angst, ob wir überhaupt durchkommen.

     

Da die Fahrbahn tatsächlich Schlaglöcher aufweist, in denen man ganze Kleinwagen versenken kann, wird auf dem Schotterbankett neben dem Asphalt gefahren. Ist auch das unbefahrbar, entstehen wilde Pisten neben der Straße. Diese sind jedoch durch feuchtere Zeiten teilweise stark ausgewaschen und wellig. Der getrocknete Schlamm ist bretthart. Für die Strecke von Atyrau nach Aktöbe haben wir etwas mehr als drei Tage benötigt, zwei Tage allein für das Teilstück von 240 km neben der Straße. Dabei sind wir von Licht an bis Licht aus fast durchgehend gefahren.

     

Wir sind mitten drin im Camel-Trophy-Abenteuer, doch in mir steckt ein zu großer Anteil eines Sesselpupers, dass ich Gefallen daran finde, unser Auto in sengender Mittagshitze aus dem Sand zu buddeln. Es ist alles so, wie man es in Filmen und Dokumentationen bewundern kann, nur dass die Mückenstiche wirklich jucken, der Schweiß und Staub tatsächlich den gesamten Körper verkleben und die Befürchtungen und Ängste echt sind. Ich weiß nicht mehr, wie häufig ich in den letzten Tagen laut ausgerufen haben: „Ich will nach Hause!“

 

Erstaunlich ist, was alles über diese vorsintflutlichen Pisten donnert. Hauptsächlich sehen wir LKWs, denen man zum Teil eine derartige Geländetauglichkeit nicht zugetraut hätte. Doch neben SUVs, die hier ausnahmsweise am richtigen Platz sind, sind auch normale PKWs unterwegs.

     

Mittendrin in diesem Infrastrukturchaos treffen wir auf einen noch Bekloppteren als uns. Roland aus Ungarn ist auf einer Hardtail-Custom-Harley unterwegs nach Kirgisien. „Hardtail“ bedeutet: hinten weder Federung noch Dämpfung. Das einzige, was seinen Allerwertesten vor Stößen von der Straße schützt, sind zwei kleine Federn unterm Sattel. Sein Tank fasst 8 Liter Benzin, und in einer Plastikflasche führt er 2,5 Liter Reserve mit. Damit kommt er etwas weiter als 200 km. Neben einem Zelt, einem Schlafsack und ein wenig Werkzeug führt er noch 1,5 Liter Trinkwasser mit. Das war’s. Mehr passt nicht auf den Hobel. Wir verbringen eine Nacht zusammen in der Steppe und erfahren, dass er eigentlich Architekt ist, jedoch jetzt Custom-Bikes zusammenschraubt und für eine Motorradzeitschrift schreibt. Sein Englisch ist hervorragend. Jedes Jahr ist er für zwei Monate mit dem Motorrad unterwegs. Am nächsten Morgen trennen sich wieder unsere Wege. Er ist auf zwei Rädern deutlich schneller unterwegs als wir auf sechs.

     

Eine echte Belohnung für die ganzen Strapazen sind die Steppenadler, die man in dem dünn besiedelten Gebiet ständig sichten kann. Sie hocken regelrecht neben der Piste und erheben im Vorbeifahren die Flügel, als ob sie uns mitteilen wollten: Seht ihr, es lohnt sich doch hier langzufahren.

   

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Lehmhütten mit Ladas davor

Wenn mich zu diesem Zeitpunkt jemand fragen würde, wie Kasachstan eigentlich aussieht, würde ich antworten: Ganz schön flach. Und wenn ich danach gefragt würde, wie es sich anfühlt, hier zu sein, wäre meine Entgegnung: Es juckt. Leider entwickelt unser Körper keine Toleranz gegenüber Mückenstichen, sodass der hundertste Stich noch genauso nervt wie der erste.

Nachdem wir die Moskitohochburg Astrachan in Russland verlassen haben, queren wir das Wolgadelta. Hier sehen wir die Brutstätten der Parasiten und fahren über eine Pontonbrücke. Wir spekulieren, dass die Brücke nur im Sommer aufgebaut ist und die Autos im Winter über diesen zugefrorenen Seitenarm der Wolga fahren.

     

Die Ausreise aus Russland und die Einreise nach Kasachstan ist – verglichen mit dem letzten Grenzübertritt – ein Kinderspiel. Pässe und Autopapiere vorzeigen – fertig. Auf den ersten Blick ist in Kasachstan erst einmal alles wie auf den letzten Kilometern in Russland. Doch dann erkennt man die feinen Unterschiede: Statt Kühe laufen jetzt auch einmal Kamele über die Straße, Ölpumpen und Raffinerien zeugen vom neuen Wohlstand des Landes und die Ladas stehen jetzt vor Lehmhütten.

     

Der erste Halt in der Steppe von Kasachstan entlockt sogar Sylvia eine Pose.

Am Horizont taucht dann die Ölmetropole Atyrau am Fluss Ural auf. Welch eine Kontraststadt! Beton- und Glaspaläste von Ölfirmen wie Haliburton, der Brutstätte von Dick Cheney und George W. Bush. Junge Menschen in nagelneuen SUVs und Limousinen westlicher Herstellung brettern durch die City. An jeder größeren Kreuzung Polizeikontrollen, an denen wir mit unserem auffälligen Gespann stets angehalten werden – bis zu dreimal innerhalb einer Stunde. Da fällt es manchmal schwer, freundlich zu bleiben. Moscheen, Kunstrasen und Efes-Bierstände komplettieren den Kontrasteindruck.

     

Dass nicht alle am Vorzeigeglanz der Stadt teilhaben, können wir sehen, als wir die Wohnung desjenigen betreten, der unseren Hund gefunden hat. Ein 40-jähriger Ölarbeiter mit Frau und drei Kindern, der seit fünf Monaten arbeitslos ist. Zusammen wohnt die Familie in einer Ein-Zimmer-Wohnung in einer heruntergekommenen Mietskaschemme. Die 200 $ Finderlohn sind auf jeden Fall in die richtigen Hände geflossen.

Im Zentrum der Stadt lernen wir Eckehart und Sylvia (www.mercury-nomaden.net) kennen, ein Pärchen aus Norddeutschland, die mit ihrem 50 Jahre alten Magirus Deutz auf einjähriger Asienrundreise sind. Wir verbringen mehrere Tage miteinander und trennen uns erst wieder nach einer Nacht in der Steppe hinter Atyrau. Sie fahren weiter Richtung Usbekistan, während wir dem Weg nach Almaty folgen.

     

Veröffentlicht unter Allgemein, Kasachstan | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar