Wenn mich zu diesem Zeitpunkt jemand fragen würde, wie Kasachstan eigentlich aussieht, würde ich antworten: Ganz schön flach. Und wenn ich danach gefragt würde, wie es sich anfühlt, hier zu sein, wäre meine Entgegnung: Es juckt. Leider entwickelt unser Körper keine Toleranz gegenüber Mückenstichen, sodass der hundertste Stich noch genauso nervt wie der erste.
Nachdem wir die Moskitohochburg Astrachan in Russland verlassen haben, queren wir das Wolgadelta. Hier sehen wir die Brutstätten der Parasiten und fahren über eine Pontonbrücke. Wir spekulieren, dass die Brücke nur im Sommer aufgebaut ist und die Autos im Winter über diesen zugefrorenen Seitenarm der Wolga fahren.
Die Ausreise aus Russland und die Einreise nach Kasachstan ist – verglichen mit dem letzten Grenzübertritt – ein Kinderspiel. Pässe und Autopapiere vorzeigen – fertig. Auf den ersten Blick ist in Kasachstan erst einmal alles wie auf den letzten Kilometern in Russland. Doch dann erkennt man die feinen Unterschiede: Statt Kühe laufen jetzt auch einmal Kamele über die Straße, Ölpumpen und Raffinerien zeugen vom neuen Wohlstand des Landes und die Ladas stehen jetzt vor Lehmhütten.
Der erste Halt in der Steppe von Kasachstan entlockt sogar Sylvia eine Pose.
Am Horizont taucht dann die Ölmetropole Atyrau am Fluss Ural auf. Welch eine Kontraststadt! Beton- und Glaspaläste von Ölfirmen wie Haliburton, der Brutstätte von Dick Cheney und George W. Bush. Junge Menschen in nagelneuen SUVs und Limousinen westlicher Herstellung brettern durch die City. An jeder größeren Kreuzung Polizeikontrollen, an denen wir mit unserem auffälligen Gespann stets angehalten werden – bis zu dreimal innerhalb einer Stunde. Da fällt es manchmal schwer, freundlich zu bleiben. Moscheen, Kunstrasen und Efes-Bierstände komplettieren den Kontrasteindruck.
Dass nicht alle am Vorzeigeglanz der Stadt teilhaben, können wir sehen, als wir die Wohnung desjenigen betreten, der unseren Hund gefunden hat. Ein 40-jähriger Ölarbeiter mit Frau und drei Kindern, der seit fünf Monaten arbeitslos ist. Zusammen wohnt die Familie in einer Ein-Zimmer-Wohnung in einer heruntergekommenen Mietskaschemme. Die 200 $ Finderlohn sind auf jeden Fall in die richtigen Hände geflossen.
Im Zentrum der Stadt lernen wir Eckehart und Sylvia (www.mercury-nomaden.net) kennen, ein Pärchen aus Norddeutschland, die mit ihrem 50 Jahre alten Magirus Deutz auf einjähriger Asienrundreise sind. Wir verbringen mehrere Tage miteinander und trennen uns erst wieder nach einer Nacht in der Steppe hinter Atyrau. Sie fahren weiter Richtung Usbekistan, während wir dem Weg nach Almaty folgen.