Hasan Dağı – das Tor nach Kappadokien

Kaum waren wir dort, fielen wir in die Titer-Panik und kehrten diesem bezaubernden Flecken Erde auch schon wieder den Rücken zu. Keine einzige Felsenhöhle haben wir gesehen in Kappadokien. Keine unterirdische Stadt. Dafür einen See, einen Vulkan und wirklich nette Menschen. Eine Rückschau:

        

Auf der Hochebene Zentralanatoliens sieht man jede Erhebung sehr früh. Schon seit etwa 40 Kilometern hat uns der Vulkan Hasan Dağı mit seinen 3.268 Metern in seinen Bann gezogen. Die Straßen dorthin sind staubig. Auf dem Weg tanken wir und werden zum Çai eingeladen. Dann ersparen wir einem Dorfbewohner einige Hundert Meter Fußweg durch die Mittagshitze und schließlich erreichen wir den Ort Helvadere. Er liegt an der Grenze zur Tuffsteinlandschaft Kappadokiens, die die UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt hat.

       

Wir halten an einem Bergsee, am hinteren Ende des Dorfes. Am See gibt es zwei Fisch-Restaurants, einige Picknick-Plätze und einen Friedhof. Mustafa wohnt gleich um die Ecke. Er ist neugierig,  kommt auf uns zu und leistet uns Gesellschaft. Er arbeitet er in einem Hotel bei Antalya, die Saison startet aber erst Mitte Mai. Sein Englisch reicht für eine einfache, nette Konversation. Später bringt er uns Brot, Äpfel Nüsse. Seine Tochter Merwa ist in der fünften Klasse und kann auch schon einige Wörter Englisch. Später möchte sie studieren und Anwältin werden.

Am nächsten Tag ist es stürmisch. Wir entscheiden, den Bluttest für Loukas in der Provinzhauptstadt Nevşehir machen zu lassen und uns anschließend Göreme, Ilhara und Co. – also die großen Sehenswürdigkeiten Kappadokiens anzuschauen. Aber… der Arzt in Nevşehir kann das Serum für den Bluttest nicht herstellen. Wir sind genervt und entscheiden uns spontan, nach Ankara zu fahren. Purer Aktionismus, denken wir heute. Aber nun gut – nach Kappadokien kann man ja immer nochmal.

Veröffentlicht unter Allgemein, Türkei | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Fährverbindungen: Schwarzes Meer und Kaspisches Meer (Türkei, Ukraine, Russland, Aserbaidschan, Kasachstan)

Nach den vergangenen zwei Wochen fühle ich mich durchaus in der Lage, einen Job als Fährberaterin anzunehmen. Die Informationen im Internet sind vielfältig, verwirrend, widersprüchlich. Oft sind sie veraltet. Selten gibt es Informationen zu Preisen, die eine verlässliche Planung ermöglichen würden, und nicht alle Fährgesellschaften beschäftigen englischsprachige Mitarbeiter.

Nach umfangreichen Recherchen, Telefonaten mit Odessa, Moskau und Baku sowie Emailverkehr, habe ich hier die wichtigsten Fährgesellschaften, Kontaktdaten und Preise zusammengefasst. Die Auflistung ist nicht vollständig sondern umfasst nur die Strecken, die für uns in Frage gekommen wären. Alle Infos stammen von Ende April 2012.

Fähre / Autofähre:  Batumi (Georgien) – Kerch (Ukraine)

  • Fährgesellschaft: UKR Ferry
  • Frequenz: etwa 14tägig
  • Preis pro Person: 140 USD (günstigste Kategorie im 4-Bett-Zimmer)
  • Preis Auto oder Wohnmobil: 105 USD pro Meter
  • Internetseite: www.ukrferry.com (sehr gute englischsprachige Seite)
  • E-Mail: ukf (at) ukrferry.com
  • Telefon: +380 (482) 34-82-96, 24-Stunden-Hotline der Muttergesellschaft

Persönliche Erfahrung mit der Fährgesellschaft: Kontaktaufnahme per Mail, umgehende automatische Antwort in englischer Sprache mit Hinweis auf die Internetseite und Aufforderung, bei Fragen anzurufen.

Fähre / Autofähre: Derince (bei Istanbul , Türkei) – Ilyichevsk (bei Odessa, Ukraine)
Diese Fährverbindung der Fährgesellschaft UKR-Ferry wurde – entgegen der Informationen auf der Internetseite – für den Individualverkehr eingestellt! Als Grund wurde angegeben, dass wegen geringer Nachfrage, das „Emigration-Office“ in Derince geschlossen wurde. Eine Ausreise sei damit nur noch für LKW-Fahrer mit einer internationalen Bescheinigung möglich. Der Frachtverkehr läuft weiter.

  • Fährgesellschaft: UKR-Ferry / Agentur Istanbul Bati Vagon Deniz Tasimaciligi A.S.
  • E-Mail: batiwagon (at) batiwagon.com
  • Telefon: +90 216 4633570

Persönliche Erfahrung mit der Agentur: Telefonische Kontaktaufnahme. Die Mitarbeiterin sprach englisch und war freundlich.

Fähre / Autofähre: Istanbul (Türkei) – Ilyichevsk (Ukraine)

  • Fährgesellschaft: Gess-Tour
  • Frequenz: 2 mal pro Woche – Mittwochs und Samstags
  • Preis pro Person: 160 USD (in günstigster 4-Personen-Kabine)
  • Preis für Auto bis 6 Meter inkl. 1 Fahrer (!): 325 USD
  • Preis für unser Wohnmobil mit Anhänger inkl. 1 Fahrer (Gesamtlänge 7,70m): 425 USD
  • Preis für einen Hund: 20 Prozent des Ticketpreises
  • Internetseite: www.gess-tour.com (nur russisch)
  • E-Mail Nadya: gesstour (at) mail.ru (gesstour hier ohne Bindestrich)
  • Durchwahl Nadya: +38 692 54 45 62

Persönliche Erfahrung mit der Fährgesellschaft: Sehr netter und schneller Service. Ich habe erst eine Hotline angerufen und wurde dann mit Nadya in Moskau verbunden, weil sie englisch spricht. Die Preise habe ich innerhalb eines Arbeitstages per Email erhalten. Ablauf des Ticketkaufs: 1. Reservierung, 2. Vorauszahlung an die russische Gesellschaft, 3. Ausstellung eines Online-Tickets und Setzen auf die Passagierliste. Wir haben nicht versucht, direkt in Istanbul ein Ticket zu kaufen, was wohl auch möglich ist. Laut Aussage von Nadya, wäre der Kauf dort teurer.

Fähre/Autofähre: Trabzon (Türkei) – Sochi (Russland)

  • Fährgesellschaft: Sari Denizcilik
  • Frequenz: 1 mal pro Woche, Freitags, 19:00 Uhr (spätestens 16:00Uhr dort sein!)

Hier muss ich vorwegschicken, dass ich per E-Mail und Telefon unterschiedliche Preise erhalten habe!

  • Preis pro Person Sitzplatz: 100 USD / 120 USD
  • Preis pro Person Liege: 150 USD
  • Preis Bus: 900 USD + Anhänger: 300 USD  oder
  • Preis Bus: 600 USD / 700 USD + jedes Fahrrad oder Motorrad, egal ob auf Anhänger oder ohne: 250 USD
  • Internetseite: http://saridenizcilik.com (ohne www.)
  • E-Mail: info (at) saridenizcilik.com
  • Telefon: +90 541 233 5844 / +90 462 321 7797

Persönliche Erfahrung mit der Fährgesellschaft: Zunächst telefonische Kontaktaufnahme mit dem Büro in Trabzon. Mitarbeiter sprach kein Englisch und bat mich, eine E-Mail zu schicken. Da ich auf diese innerhalb mehrerer Tage keine Antwort bekommen habe, bat ich einen Türken, für mich anzurufen und Preise einzuholen. Einige Tage später erhielt ich dann doch die Antwort per E-Mail, jedoch mit abweichenden Preisen. Auf meine Rückfrage per Mail mit Hinweis auf die telefonische Preisauskunft habe ich dann noch einmal andere Preise bekommen! Ich habe den Eindruck, dass man hier durchaus handeln kann.

Fähre: Baku (Azerbaijan) – Aktau (Kasachstan)

  • Fährgesellschaft: The Azerbaijan State Caspian Shipping Company (ASCSS)
  • Frequenz: etwa 1 Mal pro Woche – Es gibt keinen Fahrplan. Die Fähre pendelt immer hin und her. Man muss sich vor Ort im Fährbüro informieren, wann die nächste Fähre im Hafen eintrifft und kann erst am Tag der Abfahrt das Ticket kaufen. Genaue Infos zum überaus interessanten Ablauf des Ticketkaufs findet ihr im LonelyPlanet-Forum hier und hier.
  • Preis pro Person: 120 USD*
  • Preis für Auto oder Wohnmobil: 65 USD pro Meter*
  • Preis für Hund: Ca. 20 USD*

* Erfahrungsberichte in verschiedenen Foren deuten darauf hin, dass Hafenmitarbeiter – bis man tatsächlich an Bord ist – eine Vielzahl zusätzlicher „Gebühren“ erheben. Ist wohl ne ziemlich korrupte Angelegenheit. An Bord werden zudem noch Gebühren für die Kabine erhoben (ich hab was von 10 USD gelesen). Es empfiehlt sich auf jeden Fall, sich mit der Materie vorher ein wenig auseinanderzusetzen.

  • Internetseite: http://caspar.az (ohne www.)
  • Telefon: +99412 493 17 24 (vice-president)

Persönliche Erfahrung mit der Fährgesellschaft: Telefonische Kontaktaufnahme. Verweis an englischsprachigen „vice-president“, um Preise einzuholen. Freundliche und prompte Preisauskunft, nachdem ich auf seine Frage nach meiner Nationalität geantwortet habe.

Hast du aktuelle Ergänzungen zu Fährverbindungen am Schwarzen Meer oder Kaspischen Meer? Dann stelle sie doch bitte hier anderen Reisenden zur Verfügung.

Veröffentlicht unter Allgemein, Türkei | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

Grenzübergang Georgien – Russland über Land wieder geöffnet!

Eigentlich begann der Tag heute wenig vielversprechend. Der Himmel war wolkenverhangen, die Temperatur kühl. Über uns schwebte eine bedrückende Wolke der Unwissenheit, wie unsere Reise wohl weitergehen würde. Fährt Karsten morgen mit dem Motorrad in das 375 Kilometer entfernte Ankara, um die Testergebnisse der Titer-Bestimmung abzuholen? Müssen wir den Hund mitnehmen, weil er noch einmal gegen Tollwut geimpft werden muss? Und wie geht es dann weiter? Wir waren uns nicht einig, ob wir den Landweg über Bulgarien und Rumänien wagen sollten (siehe Artikel: Gefangen in der Titerfalle). Ich hatte eine relativ günstige Fährverbindung von Istanbul in die Ukraine gefunden und diese bevorzugt. Während wir überlegten und argumentierten, holte ich noch einmal die Karte mit den Fährverbindungen raus und wir sahen, dass es auch eine Verbindung zwischen Aserbaidschan und Kasachstan gibt. Ok, das wäre eine Alternative, die uns beide zusagen würde. Osttürkei, Georgien, Aserbaidschan und dann gleich rüber mit der Fähre nach Kasachstan. Ich machte mich ans Internet und recherchierte. Fährverbindung die neunte, zehnte, oder zweiundzwanzigste – wer weiß das schon. Um mich über die Durchfahrt durch Georgien zu informieren klickte ich auf die Seite des Auswärtigen Amtes, die Reisehinweise über Georgien gibt (Link zu der Seite des Auswärtigen Amtes). Und was ich da lese, verschlägt mir die Sprache!

Seit 2006 war die Grenze zwischen Georgien und Russland für den internationalen Reiseverkehr wegen der Unruhen am Nordkaukasus geschlossen. Auch von Aserbaidschan gab es keine Verbindung über Land nach Russland. Aus dem Grund ja der ganze Bohei mit Bulgarien, Rumänien und der Suche nach Fähren. Wir hatten vor unserer Reise ausgiebig recherchiert – auch auf den Seiten von Guido Westerwelle. Heute fiel mir erst auf, dass die Infos über Georgien vor gerade einem Monat aktualisiert worden waren. Und dann lese ich, dass der Grenzübergang  Dariali / Hoher Lars an der M3 („Georgische Heerstraße“) ab sofort auch für Reisende wieder geöffnet ist!

Ich las Karsten diesen Absatz vor. Wir schauten uns an. Karstens Augen leuchteten. „Ok, wir packen den Bus und fahren heute Abend noch nach Ankara. Morgen holen wir die Ergebnisse des Bluttests ab und kaufen Kühlwasserschläuche. Dann weiter nach Kappadokien, Osttürkei, Georgien. Und dann über Land nach Russland!“ Karsten fasste zusammen, was wir beide dachten. So sei es. Und sollte es wider Erwarten Probleme geben, können wir immer noch die Fähre von Aserbaidschan nach Kasachstan nehmen. Ach so – der Titer-Test von Loukas ist übrigens positiv! Das heißt, dass seine Tollwutimpfung aus Griechenland gewirkt und Loukas genügend Antikörper gebildet hat. Die Einreise in die EU auf dem Rückweg ist damit auch kein Problem mehr.

Veröffentlicht unter Allgemein, Türkei | Verschlagwortet mit | 1 Kommentar

Heute ist Halbzeit

Wir haben heute Halbzeit – ein halbes Jahr ist rum. Wie fühle ich mich nach sechs Monaten? Wie wird es sein, ab sofort mehr Reise hinter mir als noch vor mir zu haben?

Sechs Monate sind nicht immer sechs Monate: Ich erinnere mich gut daran, wie schnell sechs Monate vor der Reise vorbei gingen. Die Zeit verschwamm vor meinen Augen, bestand nur noch aus Wochenanfang und Wochenende, Urlaubsanfang und Urlaubsende, Winteranfang – oh schon wieder Weihnachten! Auf der Reise vergeht die Zeit langsamer. Jeder Tag ist intensiv, neu, überraschend. Jeden Morgen kann ich neu entscheiden, wie ich den Tag füllen will. Ich habe den Eindruck, schon ewig unterwegs zu sein. Würde jemand behaupten, ich sei schon seit zwei Jahren auf Achse, könnte ich es glauben. Ich freue mich auf weitere sechs Monate der Reise. Das Glas ist definitiv halb voll.

Gedanken über das Zurückkehren: Ja, die hab ich. Wie werden wir wohnen? Wo werde ich arbeiten? In meinen Gedanken male ich mir Bilder. Und ich freue mich darauf, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Aber erst in sechs Monaten.

Ich vermisse Freunde und Familie: Mir fehlt der intensive Austausch mit vertrauten Menschen. Emails können den direkten Kontakt nicht ersetzen. Auch nicht das Telefon. Es passieren große Dinge, die ich nur getippt erfahre: Mein Patenkind Lisa macht ihre ersten Schritte, Barbara und Stewart bekommen einen Jungen, meine „kleine“ Schwester Janine zieht mit ihrem Freund zusammen. Und es geht wenig über einen rotweingeschwängerten Abend mit einer lieben Freundin und 1001 Themen die die Welt (und vor allem uns) bewegen. Für die Zeit der Reise muss ich darauf verzichten, gewinne jedoch Begegnungen mit anderen Menschen, Ideen und alternative Lebenskonzepte.

Komfort – oder an was ich mich alles gewöhnen kann: Zu zweit auf sechs Quadratmetern, ein Klo das man ausleeren muss, das Meer als Badewanne und zwei Hände als Waschmaschine. Es ist schon erstaunlich, an was ich mich alles gewöhnen kann. Erstaunlich ist auch, wie wenig wir eigentlich zum Leben brauchen. Ich ängstige mich ein wenig vor dem Berg Hausrat und Klamotten, der derzeit Evas und Peters Keller füllt. Wofür brauche ich zwölf Paar Schuhe, wenn ich immer nur ein Paar tragen kann? An was ich mich fast täglich voller Entzücken erinnere, ist übrigens meine Spülmaschine.

Haben wir bisher genug erlebt? Manchmal wache ich morgens auf und bekomme so etwas wie Panik. Habe ich die Zeit intensiv genug genutzt? Habe ich genug erlebt? Genug gesehen? Hätte ich nicht noch dieses Museum, jene Moschee mitnehmen müssen, um ein ganzheitliches Bild zu bekommen? Dann erinnere ich mich an die letzten Wochen, Monate und weiß: Viel mehr Eindrücke kann ich kaum verpacken.

Reif für Kasachstan. Ich bin aufgeregt und freue mich auf die Reiseziele unseres zweiten Halbjahrs.

Erlebnisse die das Leben prägen: Etwa fünf Tage vor unserer Abreise war ich noch bei meiner russischen Schneiderin in der Lothringerstraße in Aachen (gegenüber Alfonsstraße). Ich holte unsere geflickten Sitzpolster-Bezüge ab. Als ich ihr erzählte was wir vorhaben, blickte sie mich von ihrer Nähmaschine aus über ihre goldenen Brillenränder an. Wie eine Wahrsagerin flüsterte sie geheimnisvoll: „Herzlichen Glückwunsch. Damit haben Sie ihr Leben gerettet. Die Erlebnisse und Erinnerungen kann Ihnen niemand mehr nehmen. Sie werden ihr Leben lang davon zehren.“ Die Heftigkeit ihrer Reaktion irritierte mich und machte mir Gänsehaut. Heute weiß ich, dass sie Recht hatte. Auch als Schneiderin kann ich sie übrigens sehr empfehlen: Sie arbeitet sorgfältig, zuverlässig und ist günstig.

Als Resümee kann ich sagen: Dieses Jahr der Auszeit und Reise war eine der besonders guten Entscheidungen in meinem Leben. Ich würde es immer wieder genauso machen, wenn ich nochmal wählen könnte.

Veröffentlicht unter Allgemein, Türkei | Verschlagwortet mit | 1 Kommentar

Kühlwasserschlauch gerissen – LIVE aus dem Bus

„Warum ist denn plötzlich die Temperatur so hoch?!“ Karstens Stimme klingt erschrocken. Wir sind doch gerade eben erst losgefahren. Irgendwo 20 Kilometer hinter Şile, 100 Kilometer hinter Istanbul. Dann ein schepperndes Geräusch aus dem Motor. Dann Wasserdampf vor der Windschutzscheibe. „Bring den Hund hier raus!“, ruft Karsten mir zu.

Es ist Sonntagmorgen, 11:26 Uhr Ortszeit. Ein Kühlwasserschlauch ist gerissen. Und während Karsten vorne bastelt, der Hund ruhig unter dem Tisch abwartet, schreibe ich den Live-Bericht. Tun kann ich eh nix.

11:29 Uhr Ortszeit: Der Kühlwasserchlauch ist provisorisch repariert. Karsten gießt Wasser nach und startet den Motor. Wird er halten?

11:32 Uhr Ortszeit: Der Motor surrt immer noch im Probelauf. Noch kein Fluchen vom langhaarigen KFZ-Meister vernommen, der das Scheitern des Experimentes verkünden würde. Sein Blick ist jedoch nach wie vor skeptisch.

11:34 Uhr Ortszeit: Ein türkischer Motorradclub in neongelben Warnjacken fährt an uns vorbei und grüßt freundlich.

11:36 Uhr Ortszeit: Karsten steigt aus und beginnt das Werkzeug zusammenzupacken. Der Motor surrt nach wie vor. Ein Wasserverlust ist nicht zu erkennen. Loukas ist unter dem Tisch eingeschlafen.

11:37 Uhr Ortszeit: „Scheint zu halten. Aber wir müssen den Schlauch austauschen. Er ist jetzt zu kurz“. Karsten klingt gefasst. Jetzt weiß ich auch, wie er repariert hat: Er hat das kaputte Ende des Schlauches abgetrennt.

11:39 Uhr Ortszeit: „Hält“, resümiert Karsten und stellt den Motor ab. Weitere Motorradfahrer überholen uns. Und ich muss jetzt wohl kurz meinen Live-Bericht unterbrechen und das Chaos beseitigen helfen.

11:49 Uhr Ortszeit: Wir fahren wieder. Karsten beobachtet kritisch die Temperaturanzeige.

11:54 Uhr Ortszeit. Karsten lacht. Gutes Zeichen. Vor uns liegen 70 Kilometer bis Kefken. Es bleibt spannend

Veröffentlicht unter Allgemein, Bus, Türkei | Verschlagwortet mit | 1 Kommentar

Gefangen in der Titerfalle

Bevor wir uns in Griechenland dafür entschieden, einen Hund mitzunehmen, hatten wir Recherchen angestellt, mit welchen Konsequenzen wir bei den Grenzübertritten zu rechnen hätten. Aus der heutigen Sicht kann ich nur sagen: Da hat er einfach Riesenglück gehabt, der Pelzige, dass wir uns so oberflächlich informiert haben.

Aus Griechenland heraus in die Türkei zu reisen war relativ leicht: Impfungen, Chipimplantat, EU-Tierpass und ein Gesundheitsattest waren Voraussetzung. Um zurück in die EU zu kommen, bedarf es jedoch eines Nachweises, dass die Tollwutimpfung auch tatsächlich wirksam ist. Hat man diesen Test frühestens 30 Tage nach der Impfung innerhalb der EU vollzogen, ist die Rückkehr kein Problem. Hat man das – so wie wir Tierhalternewbies – dummerweise aus Unkenntnis versäumt, kann man dies in dem einzigen von der EU in der Türkei anerkannten Labor in Ankara nachholen. Dann muss jedoch noch einmal drei Monate gewartet werden, um sicherzustellen, dass das Tier trotz wirksamer Impfung nicht doch an Tollwut erkrankt ist. Da man als deutscher Tourist nur maximal drei Monate in der Türkei verweilen darf, stellt sich jetzt für uns ein Problem: Wie geht unsere Reise weiter?

Den Test holen wir, nachdem uns ein Tierarzt bei Antalya, der Loukas Hundetripper behandelt hat, auf die Problematik hingewiesen hat, derzeit nach. Wir sind nach Ankara gefahren und haben unserem Hund eine Blutprobe in einer Tierklinik entnehmen lassen. Diese Probe wurde am Montagabend an das Labor weitergeleitet, da die Tests von diesem Labor immer nur dienstags durchgeführt werden. Auch in der Tierklinik konnte man uns keinen Grund für diese seltsame Durchführungsfrequenz nennen. Dann dauert es noch einmal mindestens eine Woche, bis das Labor das Ergebnis mitteilt. Diese Zeit verbringen wir damit, nach Istanbul zu fahren und dort Sylvias Schwester zu treffen.

Ist der Test positiv, haben wir zwar den Nachweis, dass die Tollwutimpfung wirksam war, können aber nicht – wie gesagt – direkt wieder zurück in die EU. Geplant war die Weiterreise über Bulgarien und Rumänien in die Ukraine. War der Test negativ, muss die Impfung wiederholt werden. Ein erneuter Bluttest kann dann erst wieder 30 Tage später erfolgen. Wir gehen jetzt erst einmal vom positiven Fall aus. Trotzdem bleibt uns nur die Weiterreise in ein Nicht-EU-Land. Auf unserem Reiseweg sind das die Ukraine und Russland. Fähren von der Türkei in die Ukraine mit Personenbeförderung existieren leider nach unseren Nachforschungen nicht mehr. Nach Russland geht definitiv eine Fähre von Trabzon aus, die jedoch sauteuer ist. Dies ist aber zurzeit die einzig definitiv machbare Möglichkeit. Im Gespräch sind noch:

  • Einfach zur bulgarischen Grenze fahren und sich dumm anstellen. Falls wir über die Grenze kommen, haben wir das gleiche Risiko jedoch noch einmal an der rumänischen Grenze. Und wenn wir dort auffallen, bleiben nur drei Monate Quarantäne.
  • Sylvia fliegt mit dem Hund von Istanbul in die Ukraine und ich fahre mit dem Bus hinterher.
  • Es soll noch eine Fähre von Samsun nach Russland geben. Darüber wissen wir jedoch nur gerüchteweise.

Der Grenzübertritt von Georgien oder Aserbaidschan nach Russland ist übrigens für uns wegen der Krisen im Nordkaukasus nicht möglich. Nicht, dass wir das nicht wagen würden, doch man wird an der Grenze einfach nicht durchgelassen.

Da der so genannte Titertest zum Nachweis der Wirksamkeit der Tollwutimpfung immerhin ein Jahr gültig ist, können wir nach unserer Reise nach Russland, Kasachstan und Kirgistan hoffentlich problemlos wieder in die EU einreisen, denn dann sollten auch die drei Monate Wartezeit nach dem Test vergangen sein.

Die ganze Geschichte ist für uns peinlich und ärgerlich. Peinlich, weil wir zu schlampig recherchiert haben. Ärgerlich, weil wir unnötige Mehrausgaben haben und wir seit einer Woche wie von der Tarantel gestochen durch die Gegend titschen, um eine Lösung zu finden. Nur gut, dass wir keinen Nachweis liefern müssen, dass wir nicht tatsächlich von einer Spinne vergiftet wurden.

Veröffentlicht unter Allgemein, Hund, Türkei | Verschlagwortet mit , | 8 Kommentare

Türkei – feine Unterschiede

Dies ist mein erster Artikel in der Türkei. Nicht, dass es nichts zu schreiben gäbe. Vielmehr bin ich beschäftigt mit den Dingen, die passieren. So sehr, dass ich kaum noch schreiben, kaum noch fotografieren mag. Ich schaue einfach, höre, rieche und lasse den Tag passieren. Die Türkei fasziniert mich. So viele neue Eindrücke…

Die Türkei riecht nach Zimt. Das bemerkte ich gleich nachdem wir die Grenze überquert hatten.

Ein Geschenk ist ein Geschenk ist ein Geschenk. In allen möglichen Situationen werden wir beschenkt. Ich mag die Einfachheit, die Direktheit der Geschenke. Dinge des täglichen Gebrauchs, die Freude bereiten. Brot, Orangen, Walnüsse, Äpfel. Neulich halfen wir einem jungen Paar, das sich mit ihrem Auto im Sand festgefahren hatte. Dafür schenkten sie uns ein Duzend Eier. (Ich stelle mir vor, wie blöd mein Nachbar in Aachen schauen würde, wenn ich ihm für ein Gefallen Eier schenken würde.) Ein anderes Mal fuhren wir auf einer vierspurigen Küstenstraße und hinter uns lichthupte ein gelber Lastwagen. Er überholte uns, wurde dann wieder langsamer. Wir überholten ihn. Er kurbelt sein Fenster runter und winkt uns mit einem kleinen Holzschiffchen zu. In alter James-Bond-Manier drosselte ich das Tempo auf der Überholspur, ließ uns auf gleicher Höhe mit dem LKW fallen und Karsten nahm bei Tempo 50 das Geschenk entgegen.

Nähe und Kontakt. Stelle dir einen großen, menschenleeren Parkplatz vor. Du parkst ganz hinten in der Ecke, damit dein Hund aus dem Bus direkt auf die Grasnarbe hüpfen kann. Dann kommt ein zweites Auto oder ein LKW auf den Parkplatz. Wo stellt er sich hin? Richtig, zwei Meter vor deiner Motorhaube. In unserem Kulturkreis könnte man das als unangenehm empfinden oder als distanzlos bewerten. Und auch ich tu mich manchmal schwer mit dieser spontanen Nähe. Das Gefühl löst sich auf, wenn man in Kontakt kommt und der Kontakt nett ist. Wie bei den beiden LKW-Fahrern am Strand von Ephesus mit denen wir den ganzen Abend verbracht haben (Artikel Erste Kontakte). Oder wie bei Mustafa und seiner Tochter Merva, die im kleinen Dorf Helvadere in Zentralanatolien einfach nur zum Quatschen kamen.

Der anatolische Schnurrbart. Den gibt es noch, könnte aber gefährdet sein. Ich sah zufällig folgenden Werbespot für Rasierklingen im türkischen Fernsehen: Eine in aufreizender Abendgarderobe gekleidete, sehr hübsche langhaarige Mittdreißigerin geht in ein Schuhgeschäft (tut man hier offensichtlich in Abendgarderobe). Sie wird bedient von einem ebenfalls in Abendgarderobe gekleideten, vermutlich attraktiven Mann. Man weiß das nicht genau, weil der ausgeprägte Frank-Zappa-Schnurrbart das halbe Gesicht verdeckt. Was dem Schuhverkäufer jegliche Chance nimmt, bei der Dame zu landen. [Schnitt. Rasierklingen. Nassrasur. Nächste Einstellung.] Der Bart ist nun gestutzt, übrig bleibt ein dezenter aber eben immer noch vorhandener Schnurrbart. Die Dame ist schon sichtlich angetaner. Lächelt ihm zu als er ihr den Stöckel anbietet. Aber nein. Der Blick wandert ab. Doch nicht gelandet. [Schnitt. Rasierklingen. Nassrasur.  Nächste Einstellung.] Schuhverkäufer nun gänzlich ohne Schnurrbart. Neuer Flirt-Versuch – und wer sagt´s denn! Sie kann sich kaum halten vor Begehren, klimpert mit den getuschten Wimpern, fällt ihm um den Hals und beide rauschen aus dem Schuhgeschäft vermutlich in die nächste Oper. Passend angezogen sind sie ja schon.

Picknick am Meer. Picknick ist offensichtlich ein besonderes Hobby der Türken. Sonntags fahren sie mit ihren Autos ans Meer. Aber nicht so weicheimäßig, wie wir „ans Meer“ nach Holland fahren, uns auf den asphaltierten Parkplatz stellen und dick bepackt an den Strand tapern. Hier fährt man möglichst bis auf einen Meter an das Meer hinan. Dann wird der Grill rausgeholt. Kein Wunder, dass sich an solchen Sonntagen ständig irgendwo irgendwer im Sand festfährt.

   

Fantastische Bergwelt und unendliche Straßen. Es ist atemberaubend, in die anatolische Bergwelt zu verschwinden. Du fährst und fährst und fährst… kilometerweit kein Haus, kein Mensch, nur hier und da knattert ein LKW an dir vorbei. Auf den Hochebenen erstrecken sich kerzengerade Landstraßen über hunderte von Kilometern. Links und rechts Ackerland oder Ödnis. Du verlierst jegliches Gefühl für Entfernung. Du fährst und fährst und fährst. Und dann stehst du plötzlich vor einem Dorf.

   

„Bir kilo tomates lütfen. Kaç Lira?“ Ein Kilo Tomaten bitte. Wie viel Lira? Die Wochenmärkte sind der totale Knaller hier. Es macht so viel Spaß durch die bunten Stände mit dem vielen Obst und Gemüse, mit Käse und Oliven, mit frischem Fisch und Meersfrüchten zu schlendern, dass ich noch keine Zeit für ein Foto gefunden habe. Und wenn wir dort sind, kaufen wir so viel wir tragen können. Nicht nur die Qualität ist toll, sondern es ist auch unglaublich günstig.

 „Çay?“ Egal wo wir hinkommen. Ständig wird zum Çay, zum traditionellen türkischen Tee geladen. An der Straße, im Telefonladen, an der Tankstelle. Man sitzt mit dem Chef zusammen und redet. Worüber redet man? „Türkei, şok güsel!“ („Türkei, sehr schön!“). „Verheiratet?“ An der türkischen Riviera antworten wir wahrheitsgemäß „Hayir.“ („Nein.“). In Anatolien dann doch lieber „Evet.“ („Ja.“). Da sind wir opportunistisch. Nach dem Gespräch wird die Visitenkarte überreicht, die man genau studieren sollte. Dann gibt es noch ein Abschiedsfoto.

Klatschmohn zum Geburtstag. Klatschmohn ist meine Lieblingsblume. Sie ist genügsam, wächst an Feld- und Straßenrändern, ein Kulturbegleiter. Sie leuchtet wunderschön rot und ihre Blüte ist zart wie Seide. In Deutschland sieht man sie im Sommer an den Feldern stehen. Hier blüht sie schon Anfang April!

Über den Ruf der Muezzine, die türkische Höflichkeit und die Schwierigkeit Bier zu kaufen, schreib ich dann ein anderes Mal.

Veröffentlicht unter Allgemein, Türkei | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar

„Mach doch mal…

…die Gummimanschette ab“, sagte der alte Wüstenfuchs Bernd, „und kuck mal, ob da nicht einfach Fett fehlt.“ Ich hatte noch das alte Traggelenk, das in Griechenland so geknarrt hatte und das wir ausgetauscht hatten, aufbewahrt. Mittlerweile macht auch das andere Traggelenk laute Geräusche, und wir haben gleich mehrere als Ersatz bestellt. Nach dem Öffnen stellte sich heraus: Das Ding war von innen furztrocken. Es muss wohl schon vor fünf Monaten, als ich beide Gelenke der Vorderachse für den TÜV ausgetauscht hatte, ohne Fett gewesen sein. Wahrscheinlich haben die Teile bereits seit Jahrzehnten in einem Lager gelegen, und das Fett war einfach eingetrocknet – und mir wurden sie als Erstausrüsterqualität für 60 Euro das Stück über einen Internethandel verkauft.

     

Wir haben jetzt insgesamt vier Traggelenke bestellt: zwei postlagernd nach Antalya. Diese sind nach drei Wochen noch immer nicht angekommen. Zwei weitere an die Schwester von Sylvia, die uns Ende April in Istanbul besucht. Diese Ersatzteile sind jetzt offensichtlich vollkommen überflüssig. Nachdem ich das überholte Traggelenk eingebaut habe, ist nach der ersten Testfahrt nichts mehr zu hören. Warum komme ich als alter Schrauber eigentlich nicht selber auf so eine Idee?

Danke, Bernd!

Bernd, Bärbel und ich vor unserem neuen Wohnmobil: ein Mercedes 814 DA (Diesel Allrad).

Veröffentlicht unter Allgemein, Bus, Türkei | Verschlagwortet mit , | Hinterlasse einen Kommentar

Trap, trap, der Trapper – Trip, trip, der …

Das schafft wohl nur unser Hund: die erste Geschlechtskrankheit mit 5 Monaten. Hendrix, Loukas sein liebster Raufkumpane, hat den Hundetripper – und unser Hund jetzt auch. Da helfen nur Spritzen in den Po und Antibiotika-Tabletten.

     

Verbieten kann man ihm das Spiel mit den streunenden Hunden einfach nicht, oder?

Veröffentlicht unter Allgemein, Hund, Türkei | Verschlagwortet mit , | Hinterlasse einen Kommentar

Gedicht gegen Parasiten (Weil es gesagt werden muss)

Der Duft war unwiderstehlich. Nach dem Zeugungsakt im Schwarm wurde sie von einem unbändigen Hunger auf Proteine überwältigt. Im Halbdunkel pirschte sie sich an ihr Opfer. Ein menschlicher Körper, halb entblößt, lag leise schnaufend vor ihr. Durch die Dachluke drang ein wenig Mondlicht. Die Luft war verführerisch angereichert mit Milchsäure und Kohlendioxid. Für sie war es wie eine Einladung an einen reichlich gedeckten Tisch. Genauso hätte man große, blinkende Schilder aufstellen können: All you can eat! Gratis!

Ganz sanft, mit geübten Flügelschlägen landete sie auf einer riesigen Hautfläche. Kurz innehalten. Hatte das Opfer etwas gemerkt? Nein. Die Atmung des massigen Körpers war weiterhin gleichmäßig. Mit roboterhafter Schnelligkeit und Präzision fuhr sie nun ihre Stechborsten aus der Unterlippe und versenkte sie in der grobporigen Struktur unter ihr. Nach der Injektion des Betäubungsmittels rann der rote Lebenssaft in ihren Körper. Es fühlte sich warm und angenehm an. Sie war kurz davor, ihre Bestimmung im Leben zu erreichen: den Erhalt der eigenen Art. Die Beschaffung der Proteine war dabei der gefährlichste Akt. Das Legen der Eier war dagegen ein Kinderspiel.

Ihr Wirt bewegte sich plötzlich ruckartig. Sie wurde von etwas Tuchartigem gestreift. Wurde sie entdeckt? Erschrocken zog sie die Stechborsten heraus. Sie hatte eh genug, und irgendwas stimmte nicht ganz mit der Blutmahlzeit. Ihr war leicht schummrig. Benommen und schwerfällig erhob sie ihre Flügel und flatterte davon. Dabei summte sie ein altes Moskitolied: „Tell me the way to the next drunken host. Oh, don’t ask why. Oh, don’t ask why.”

Sommerzeit = Viecheralarm. Wir können Menschen auf den Mond schießen, Abrechnungssysteme programmieren und künstliche Brüste verpflanzen. Doch noch immer müssen wir uns gefallen lassen, von kleinen, instinktgesteuerten Parasiten ausgesaugt zu werden. Das prangere ich an! Die Evolution bedarf hier dringend einer Korrektur!

Veröffentlicht unter Allgemein, Türkei | Verschlagwortet mit | Hinterlasse einen Kommentar