Gedicht gegen Parasiten (Weil es gesagt werden muss)

Der Duft war unwiderstehlich. Nach dem Zeugungsakt im Schwarm wurde sie von einem unbändigen Hunger auf Proteine überwältigt. Im Halbdunkel pirschte sie sich an ihr Opfer. Ein menschlicher Körper, halb entblößt, lag leise schnaufend vor ihr. Durch die Dachluke drang ein wenig Mondlicht. Die Luft war verführerisch angereichert mit Milchsäure und Kohlendioxid. Für sie war es wie eine Einladung an einen reichlich gedeckten Tisch. Genauso hätte man große, blinkende Schilder aufstellen können: All you can eat! Gratis!

Ganz sanft, mit geübten Flügelschlägen landete sie auf einer riesigen Hautfläche. Kurz innehalten. Hatte das Opfer etwas gemerkt? Nein. Die Atmung des massigen Körpers war weiterhin gleichmäßig. Mit roboterhafter Schnelligkeit und Präzision fuhr sie nun ihre Stechborsten aus der Unterlippe und versenkte sie in der grobporigen Struktur unter ihr. Nach der Injektion des Betäubungsmittels rann der rote Lebenssaft in ihren Körper. Es fühlte sich warm und angenehm an. Sie war kurz davor, ihre Bestimmung im Leben zu erreichen: den Erhalt der eigenen Art. Die Beschaffung der Proteine war dabei der gefährlichste Akt. Das Legen der Eier war dagegen ein Kinderspiel.

Ihr Wirt bewegte sich plötzlich ruckartig. Sie wurde von etwas Tuchartigem gestreift. Wurde sie entdeckt? Erschrocken zog sie die Stechborsten heraus. Sie hatte eh genug, und irgendwas stimmte nicht ganz mit der Blutmahlzeit. Ihr war leicht schummrig. Benommen und schwerfällig erhob sie ihre Flügel und flatterte davon. Dabei summte sie ein altes Moskitolied: „Tell me the way to the next drunken host. Oh, don’t ask why. Oh, don’t ask why.”

Sommerzeit = Viecheralarm. Wir können Menschen auf den Mond schießen, Abrechnungssysteme programmieren und künstliche Brüste verpflanzen. Doch noch immer müssen wir uns gefallen lassen, von kleinen, instinktgesteuerten Parasiten ausgesaugt zu werden. Das prangere ich an! Die Evolution bedarf hier dringend einer Korrektur!

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