Easy going in Kasachstan

Es ist ein bisschen wie im Feriencamp, hier in unserem Basislager im Nationalpark Ile-Alatau.

Seit drei Wochen sind wir jetzt hier. Der Bergbach vor der Tür, eine Trinkwasserquelle unweit und atemberaubende Wanderziele in der Umgebung: Das sind ideale Voraussetzungen, um es sich „gemütlich“ zu machen. Das „Draußenleben“ mit der Natur genieße ich hier ganz besonders. Der erste Kaffee am Morgen mit den Füßen im kalten Bergbach, während ich auf die 4.000er des Tien-Shan blicke, gehört für mich zu den schönsten Dingen überhaupt. Es wird mir schwer fallen, mich zu Hause wieder an geschlossene Räume zu gewöhnen.

Ausruhen tat dringend Not. Die viele Fahrerei macht ganz wirr im Kopf. Ich glaube, die Indianer waren nicht dumm, als sie in den Anfängen der Eisenbahnzeit eine Nacht im Zielbahnhof auf ihre Seelen warteten, weil diese ihrem Glauben nach nicht so schnell hinterher kamen. Auch mein Körper musste sich regenerieren. Wandern und Bergsteigen wirken da Wunder. Mein Hintern nimmt langsam wieder seine ursprüngliche Form an… nach so vielen Kilometern auf der Straße war der doch ganz schön plattgesessen.

Der Nationalpark Ile-Alatau ist mit einer Fläche von 200.000 Hektar atemberaubend groß. Wir bewegen uns seit zwei Wochen in einem einzigen Tal… Die besondere Herausforderung: Es gibt keine Wanderkarten, keine Infotafeln, keine Wegemarkierungen. Zum Glück reise ich mit Karsten-Tours. Sein geschultes Bergsteiger-Auge entdeckt noch jede Route auf einen anvisierten Gipfel.

Ich bedaure immer wieder, dass wir selbst auf so einer Reise wie dieser nicht „alles“ mitnehmen können. Es ist einfach zu viel, was wir uns anschauen könnten, und die Entfernungen sind zu groß. Es juckt mich beispielsweise, noch Kasachstans „Grand Canyon“ 200 Kilometer östlich von hier zu sehen oder die „singende Düne“ im Nationalpark Altyn-Emel nördlich von Almaty. Alles mitnehmen zu wollen, hieße, nichts richtig genießen zu können. Also machen wir mal was gründlich und erkunden dieses Tal bis aufs Äußerste.

Seit einer Woche sind wir auch nicht mehr allein in unserem Basislager. Sylvia & Eckhart (auf dem Foto links) mussten in Usbekistan ihren ursprünglichen Reiseplan über Bord werfen. Sie wollten über China nach Indien fahren, hatten auch schon eine Genehmigung und einen Fahrer für China. Kurzfristig wurde dann die Durchfahrt durch Tibet für Touristen geschlossen. Und die einzige Alternativroute über Pakistan war dann auch nicht einfach zu realisieren, weil man entsprechende Visa ausschließlich im Heimatland bekommt und dort auch noch persönlich anwesend sein muss. Wir hatten die beiden schon in Atyrau getroffen und uns riesig gefreut, als sie hier eintrudelten.

Vor vier Tagen kamen dann auch Haemo und Mariolein (auf dem Foto rechts) mit ihrem Mitsubishi L300 Allrad zufällig vorbei. Vor  fünf Wochen sind sie in Deutschland losgefahren. Ein irres Tempo, finde ich. Sie fahren der Nase nach durch Zentralasien, wissen morgens nicht, wo sie abends landen. Im Oktober müssen sie wieder zu Hause sein.

Ich genieße die Feriencamp-Atmosphäre und den Austausch in meiner Muttersprache. Locker beisammensitzen. Karten wälzen. Erfahrungen tauschen. Grillen. Bier trinken. Diskutieren. Lachen.

Heute ist unser letzter Tag an diesem Ort. Morgen verlassen wir Kasachstan, fahren weiter nach Kirgistan. Nach einem echten Reisetief vor drei Wochen sind meine Batterien wieder aufgeladen. Ich bin reiselustig und voller Vorfreude auf den Issyk-Kul – den zweitgrößten Hochgebirgssee der Welt, auf noch mehr Berge und auf Eva und Peter, die wir am 20. August vom Flughafen in Bischkek abholen werden. Ob wir es gemeinsam noch bis zu den Walnusswäldern schaffen, werden wir sehen. Am 30. August nämlich müssen wir sie schon wieder zurück zum Flughafen bringen. Und läuten damit auch unseren Heimweg nach Deutschland ein.

So sieht es übrigens aus, wenn drei Gipfelbezwinger nach einem geglückten 4.000er wieder ins Basislager kommen.

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