Grenzen. Wofür braucht die Welt eigentlich Grenzen? Jedes Mal, wenn wir vor einer Schranke mit Uniformierten stehen, bekomme ich einen Kloß im Hals. Sind die Papiere in Ordnung? Bekommen wir eine Volldurchsuchung spendiert? Müssen wir gar wieder umkehren?
Jetzt gerade stehen wir schon wieder vor einer Schranke in einem Hafen bei Kerch, im äußersten Osten der Krim. Wir verlassen die Ukraine Richtung Russland mit der Fähre. Das heißt, das haben wir vor. Die Papiere sind auf dem Papier in Ordnung. Wir haben Visa für Russland und eine aktuelle und offizielle ukrainische Gesundheitsbescheinigung für den Hund. Doch werden die grimmigen Grenzer auf der russischen Seite sang- und klanglos die Geschäftsvisa akzeptieren? In unserem Aufzug? Spannend…
Erste Kontrolle überwunden. Jetzt stehen wir vor der nächsten. Noch sind wir im Ausreiseprozedere. Mir ist nie ganz klar, was jeweils kontrolliert wird (Zoll, Polizei, Einwanderungsbehörde?). Jedes Mal müssen wir die Pässe vorzeigen. Manchmal auch zusätzlich die Fahrzeugpapiere. Einmal, bei der Einreise in die Ukraine, bekamen wir einen Laufzettel, mit dem ich zu den verschiedensten Schaltern laufen musste. Am Ende hatte ich zwei Zettel in der Hand, die ich an der finalen Schranke wieder abgeben musste. Seit der Ausreise aus Moldawien weiß ich übrigens auch, wo die Fahrgestellnummer unseres Busses eingestanzt ist. Das waren bisher die einzigen Grenzbeamten, die die Nummern am Fahrzeug sehen wollten.
Die unterschiedlichen Prozeduren entbehren nicht einer unfreiwilligen Komik. Dies wird durch die versteinerten und ausdruckslosen Mienen aller Grenzbeamten auf dieser Welt noch unterstrichen. Ich glaube, nur Grenzbeamte und Clowns dürfen nicht lachen.
Bisher sind wir immer ganz gut durchgekommen. Nie haben wir länger als eine Dreiviertelstunde an den Kontrollen gestanden. Ein Pärchen mit Hund und Wohnmobil ist offenbar äußerst unverdächtig. Die meisten Zöllner waren mit einem Blick in den Wagen zufrieden. Die Dachbox wurde nur einmal bei der Einreise nach Moldawien wahrgenommen. Öffnen mussten wir sie nicht. Das Motorrad hat hingegen manche Zöllner in formale Schwierigkeiten gebracht. In der Türkei wurde bei der Einreise vergessen, den Motorradanhänger in das Computersystem einzugeben. Deshalb wurde bei der Ausreise nur der Anhänger, eine simple Konstruktion aus Stahlprofilen, auf das Genaueste in einer Röntgenhalle untersucht. Wie soll man da noch ernst bleiben?
Die nächste Kontrolle ist überwunden. Sylvia musste mit dem Hundepass zu einem der Grenzbeamten ins Büro, der dort langsam vor ihren Augen den Pass durchblätterte und dann sein OK gab. Der Pass ist auf Griechisch und Englisch. Da der Beamte kein Wort Englisch sprach, hat er ganz bestimmt nicht ein Wort entziffern können.
Wir warten auf die Fähre. Was erwartet uns auf der anderen Seite?
Die dritte Ausreisekontrolle auf der ukrainischen Seite. Zum dritten Mal zeigen wir die Pässe und die Fahrzeugpapiere vor. Und wieder wird ein Blick in das Fahrzeuginnere geworfen. Das Ganze innerhalb von 10 Metern Abstand. Welch ein Überfluss an Offiziellen! Das muss ein Witz sein.
Auf der Fähre. Schnell die Einreisekarte für Russland ausfüllen, die wir von den Ukrainern in die Hand gedrückt bekommen haben, um noch ein Foto draußen zu schießen.
Wir sind in Russland. Aber was für eine Bürokratie bei der Einreise. Am aufwendigsten war die Einfuhr unserer Fahrzeuge. Jeweils zwei DIN A4-Seiten Fragebogen in doppelter Ausführung für das Wohnmobil, das Motorrad und den Anhänger. Und weil ich bei der Angabe des Einfuhrwertes die jeweiligen Zeitwerte der Fahrzeuge angegeben hatte, was bei einem temporären Import offenbar nicht angegeben werden durfte, musste ich die insgesamt 12 Seiten noch einmal ausfüllen. Immerhin waren die Fragebögen auf Deutsch. Am wenigsten Probleme haben unsere Visa gemacht. Die Dachbox musste ich das erste Mal öffnen und selbst einen Spürhund haben sie kurz an unserem Auto vorbeigeführt. Die Einreiseformalitäten auf der russischen Seite haben geschlagene zweieinhalb Stunden gedauert und 15 Euro Bearbeitungsgebühr gekostet.
Doch der erste Eindruck von Russland nach der Grenze ist äußerst positiv. Straßen fast so gut wie bei uns. Topp-Beschilderung, eben, gut ausgebaut. Benzin kostet umgerechnet 75 Cent, Autogas 37 Cent. Ein echtes Autofahrerland. Das letzte Mal, dass wir annähernd ähnlich stressfrei gefahren sind, war auf der mautpflichtigen Autobahn zwischen Ankara und Istanbul. So kann das jetzt bis Almaty bleiben.