Tote Flöhe beißen nicht

Alles hat seinen Preis. Das ausgelassene Spiel mit streunenden Hunden kostet ein juckendes Fell.

     

Nachdem Loukas jetzt die Chemiekeule (Frontline) zu spüren bekommen hat, muss er erleichtert feststellen: Nur ein toter Floh ist ein guter Floh.

Noch am Strand bei Selcuk trafen wir auf Erich aus dem Allgäu, der in Selcuk ein Haus hat. Als Türkeikenner empfahl er uns verschiedene Reiseziele, die wir zum Teil schon besucht haben, wie z.B. Ephesos, das direkt bei Selcuk liegt (siehe Ephesos unter Antikes Gedöns). Danach fuhren wir ins Landesinnere nach Pamukkale zu den Kalksinterterassen und der antiken Stadt Hierapolis (siehe Hierapolis unter Antikes Gedöns).

Da wir nach über vier Monaten Strandaufenthalten die abwechslungsreiche Landschaft Zentralanatoliens sehr genossen haben, beschlossen wir zu einem Bergsee zu fahren. Wir kamen mitten in der Nacht dort an und stellten uns an eine kleine, fast gar nicht befahrenen Straße. Wir waren ein wenig irritiert, als es eine halbe Stunde später an unsere Türe klopfte. Vor uns stand ein mittelalter Mann, der auf Türkisch auf uns einredete. Erst nach einer Weile verstanden wir, dass er mit seinem Wagen liegengeblieben war und Diesel brauchte. Er bat uns um unseren Kanister und ein Fahrrad. Da die nächste Stadt aber 15 km entfernt war, boten wir ihm an ihn zu fahren. Gesagt, getan. Wir fuhren ihn mit 10 Liter Diesel zurück zu seinem Wagen, einem Ford Transit neuerer Bauart, an dem sein Vater auf ihn wartete. Er sah sehr muselmanisch aus und nahm weder Augenkontakt mit uns auf, noch sprach er mit uns. Sein Sohn schickte uns mit Handzeichen weg und deutete an, unseren Kanister und ein Kopflicht, das wir ihm gegeben hatten, später zurückzubringen. Wir stellten uns wieder auf unseren Standplatz und warteten. Als nach einer halben Stunde immer noch nichts geschah, ging ich zu Fuß die 200 Meter zu dem liegengebliebenen Wagen. Der Sohn war heftig damit beschäftigt, per Hand Diesel in den leergefahrenen Dieselfilter zu pumpen. Er bat mich um einen Schlauch, um Diesel aus dem Tank zu saugen, in den er die gesamten 10 Liter gekippt hatte. Seine Idee war, Diesel direkt in den Filter zu gießen. Ich besorgte ihm den Schlauch, der Tank lag jedoch zu tief. Dem Vater war meine Hilfe offensichtlich sehr peinlich und der Sohn wurde immer nervöser. Nachdem ich einen längeren Schlauch gebracht hatte, der aber auch nicht funktionierte, drückte mir der Sohn alles wieder in die Hand und deutete an, dass sie jetzt schlafen wollten. Ich stand ziemlich perplex da und stammelte: „I just want to help.“ Aber als Antwort bekam ich nur „Teschekür“. Ich ging zurück zu unserem Stellplatz. Am nächsten Morgen kam dann ein Trecker und schleppte sie ab.

Mir ist nicht klar geworden, was das Problem war. Entweder eine komplexe Vater-Sohn-Beziehung oder das Annehmen der Hilfe von Ungläubigen. Ich hätte sie auch ins nächste Dorf abgeschleppt, aber die deutliche Zurückweisung unserer Hilfe mussten wir einfach akzeptieren.

Der Bergsee war übrigens eine Fehlentscheidung. Am nächsten Tag war es einfach zu kalt. In der Nacht lag die Temparatur bereits um den Gefrierpunkt und stieg tagsüber nicht bedeutend an. Immerhin befanden wir uns auf 1200 Metern Höhe. Dementsprechend karg und verlassen war die Landschaft. Im Sommer, wenn es am Meer brütend heiß ist, ist es hier wahrscheinlich sehr angenehm.

     

Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollten, am Meer war es laut Wetterbericht 10 bis 15 Grad wärmer. Also traten wir den Weg Richtung Antalya durch die kargen und weiten Hochebenen Anatoliens an, deren Bewohner anscheindend ausschließlich von Landwirtschaft und Marmorabbau leben.

     

Wir landeten in Cirali, einer Bucht 80 km südlich von Antalya. Hier ist es relativ entspannt, man trifft nette Leute wie Cima und Mirko, zwei Teilzeitausteiger wie wir, und kann nachts zu den ewigen Feuern laufen, an denen man dann unentwegt auf deutsche Urlauber stößt, die nicht alle ganz so entspannt sind. Auch die Wärme hat eben ihren Preis.

    

 

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