Fleisch

Wo lebte das Rind, dessen Fleisch auf meinem Teller liegt? Wie starb das Huhn, dessen Schenkel ich genussvoll knabbere? In welchem See schwamm der Fisch, dessen Leib ich aufschlitze? An deutschen Mittagstischen spricht man (meist) nicht darüber, dass das Fleisch auf unseren Tellern tatsächlich von toten Tieren stammt. Dass diese einst lebten. Dass sie grunzten, muhten oder gackerten, dass sie fraßen und schissen. Eine Zeit lang habe ich mir einen Spaß daraus gemacht, bei fleischhaltigen Mittag- oder Abendessen von den Tieren zu sprechen, die diese Lebensmittel einst waren: „War das wohl ein glückliches Schwein?“ Stets blickte ich in angewiderte Gesichter. Ich wurde gebeten „doch jetzt bitte damit aufzuhören“ und mir wurde erklärt, dass das am Tisch nun wirklich niemand wissen wolle.

Warum eigentlich nicht? Können wir Deutschen so schlecht mit dem Thema Tod umgehen? Damit, dass Werden und Vergehen so nah beieinanderliegt? Oder sind wir Stadtkinder der „Generation Supermarkt“ einfach nur so entfremdet von diesen Lebensmitteln, dass wir glauben wollen, es wachse rosarot in der eingeschweißten Plastikschale bei Lidl, Aldi und Co.

In vielen anderen Ländern wird natürlicher mit Fleischwaren umgegangen. In Albanien sahen wir, wie Kälber vor einem Haus öffentlich an einer Landstraße geschlachtet wurden. Hühner wurden lebend am Straßenrand verkauft, frischer geht´s nicht. In Griechenland sieht man in den Fleischtheken neben Steak, Schnitzel und Fleischspieß alles was das Schlachterherz begehrt: Pansen, Hälse, Zungen, Herzen, Köpfe von Lämmern oder ganze Kaninchen inklusive Puschelschwänzchen. Auch wenn es dem durchschnittlichen deutschen Stadtmenschen auf den ersten Blick unappetitlich anmutet… ich finde es gut so. Es muss vielleicht nicht gleich das albanische Straßen-Schlachtfest sein (nicht zuletzt aus hygienischen Gründen). Aber wenn wir Tiere essen, sollten wir uns zumindest dessen bewusst sein. Die folgenden Impressionen habe ich auf einem Fleischmarkt in Athen gesammelt.

        

Ich war übrigens sieben Jahre lang Vegetarierin. Bis zu meinem 28. Lebensjahr aß ich kein Fleisch mehr. Zunächst protestierte ich damit gegen die Praktiken der industriellen Fleischproduktion. Später dann konnte ich einfach kein Tier mehr runterkriegen. Bis mir der Leiter des Nationalparks, in dem ich damals noch Praktikantin war, einen Teller mit regionaler Wildschweinsalami auf den Schreibtisch stellte. Obwohl ich erst protestierte, habe ich schließlich zugegriffen. Der Duft war zu verlockend. Seitdem esse ich wieder Fleisch; nicht oft, aber gerne. Derselbe Chef schenkte mir fünf Jahre später ein Buch, das ich nicht nur Veganern und Vegetariern empfehlen kann. Ich finde, jeder der in Deutschland schon mal Lebensmittel eingekauft hat, sollte dieses Buch gelesen haben. Es heißt „Fleisch essen, Tiere lieben – Wo Vegetarier sich irren und was Fleischesser besser machen können“ (erhältlich zum Beispiel bei www.buch.de). Die Autorin Theresa Bäuerlein ist Journalistin und war selbst lange Zeit Vegetarierin. In ihrem gut recherchierten und spannend geschriebenen Buch hebelt sie viele Argumente „gegen das Steak und für den Tofu“ aus. Sie schreibt über die Probleme industrieller Landwirtschaft und sie erklärt, wie man wieder mit gutem Gewissen Fleisch genießen kann.

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