Deutschland und die Welt

Was ist eigentlich anders in Deutschland? Was macht uns so besonders in der Welt? Wenn man nach längerer Zeit wieder nach Hause kommt, dann fällt erst einmal die Ordnung auf. Bis auf ein paar Hinterhöfe, die man vorzugsweise bei der Einfahrt mit dem Zug in den Hauptbahnhof einer großen Stadt sieht, ist alles auffallend gepflegt, sauber und aufgeräumt. Vieles erscheint sogar neu wie Hausfassaden, Straßen und Autos. Überhaupt ist es eher unwahrscheinlich auf Straßen zu treffen, die Schlaglöcher haben. Man könnte meinen, dass die Deutschen sich an der Oberfläche ihres Straßenbelages messen lassen wollen. Sieht man eine Baustelle, dann sticht die besonders deutliche Kennzeichnung und Absicherung heraus. Arbeitende Menschen und schweres Arbeitsgerät stehen an und in der Baustelle. In Albanien stießen wir ständig auf halbfertige Straßen, die sich offensichtlich gerade in einem Fertigstellungsprozess befanden, doch nirgendwo waren Arbeiter oder Arbeitsgerät zu sehen. Bis auf ein einziges Mal, als wir eine ganze Flotte von LKWs sahen, die offensichtlich für den Straßenbau vorgesehen waren, jedoch nur herumstanden, waren die Baustellen fast immer wie leergefegt.

Die Ordentlichkeit der Deutschen setzt sich fort in ihrer Fahrweise. Wir halten uns vornehmlich an die Straßenverkehrsordnung, die sich in einer deutlichen Präsenz von Schildern und Lichtzeichen manifestiert. Während in Griechenland Vorfahrtstraßen gar nicht gekennzeichnet sind und es für das Achten der Vorfahrt nur das Stopp-Schild gibt, an dem aber niemand stehenbleibt und vor der Weiterfahrt zwei Sekunden im Sinn zählt, haben wir in Deutschland gleich eine ganze Palette an Beschilderungen, welche die unterschiedlichsten Vorfahrtverhältnisse regeln. Man könnte das penetrant nennen, doch unser Verkehr läuft in vielen Fällen trotz seiner Dichte häufig ruhiger und geordneter ab als eine Rush-Hour im 4.000-Seelen-Ort Sparta.

Was uns fehlt, ist eine Gelassenheit, die aus dem Vorhandensein großer Flächen ungenutzter Natur entsteht. Bei uns ist selbst die Nutzung des Waldes bis auf das kleinste Detail geregelt. Wenn man sich in Nordrhein-Westfalen nach einem Kontakt mit den Ordnungshütern sehnt, dann braucht man nur auf einer einsehbaren Freifläche ein Lagerfeuer entzünden und eine halbe Stunde warten. Ich glaube auch kaum, dass es unsere Landbevölkerung in Punkto Gastfreundlichkeit mit der griechischen aufnehmen kann. Stellt man sich bei uns mit dem Wohnmobil auf einen Wanderparkplatz, dann erntet man mitunter schiefe Blicke. In Griechenland wird man spätestens nach drei Tagen mit Apfelsinen oder Olivenöl beschenkt. In Deutschland kommt nach drei Tagen höchstens die Polizei.

Ich glaube, die deutsche Mentalität passt hervorragend zur Produktion von gut verarbeitetem, hochqualitativem und innovativem technischem Gerät. Solange die Nachfrage der Welt nach derartigen Gütern weiterhin hoch bleibt, werden wir unseren Einfluss und Wohlstand sichern können. Würden sich die Länder der Welt in der uneigennützigen Gastfreundlichkeit gegenüber Fremden messen, hätten wir wahrscheinlich im Vergleich zu den Griechen oder den Thailändern den Status eines Entwicklungslandes. Aber wer weiß? Vielleicht haben wir das technische Gerät in 40 Jahren soweit perfektioniert, dass es sich von selber reproduziert und weiterentwickelt. Dann werden die deutschen Tugenden in der Welt weniger wichtig und andere treten in den Vordergrund.

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