Steppenwind

  

Steppe kann man nicht erklären. Steppe ist ein Gefühl. Ein überwältigendes zuweilen. Ich versuche es trotzdem mit ein paar Worten: In der Steppe blicke ich so endlos weit wie auf das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer bei Ebbe. Es riecht nach Kräutern – nein, nach Kräutertee. Ich höre nichts – die Steppe ist stiller als alles was ich bisher nicht gehört habe. Die Steppe scheint leblos, leer. Und wenn dann doch etwas jäh ins Blickfeld gerät, wirkt es so groß, so bedeutungsvoll, so lebendig: Erdmännchen rasen durch den Staub, Kamelherden und Pferde suchen nach ein bisschen Grün, teilen sich ein Wasserloch, Steppenadler kreisen und suchen vermutlich nach den Erdmännchen. Die Steppe ist heiß in der Mittagssonne. Heißer als die Aufgusssauna in den Aachener Carolusthermen. Der Steppenwind fühlt sich an wie Stufe 3 meines 1.200 Watt-Föns. Die Sonne geht nicht unter in der Steppe. Sie verschmilzt mit ihr blutrot.

Eckhart schreibt in seinem Reiseblog über die Steppe: „Wenn es keine Ablenkung mehr gibt, dann sieht man nur sich selbst, und das recht ungefiltert.“ Treffender kann ich es nicht formulieren. Und warum Hermann Hesse seinen Steppenwolf ebenso nannte, kann ich erst begreifen, seitdem ich sie gefühlt habe. Die Steppe.

       

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