Krisenmanagement in Kasachstan

Loukas panikartige Flucht vor dem Feuerwerk in Atyrau (ca. 200.000 Einwohner) hat uns nicht nur in eine Gefühlkrise getrieben, sondern uns auch vor echte organisatorische und logistische Herausforderungen gestellt. Wir haben es geschafft ohne Wohnsitz, fast ohne Sprachkenntnisse, ohne Kenntnisse der örtlichen Infrastruktur oder der lokalen Gepflogenheiten strukturiert und effizient eine Hunde-Suchaktion durchzuführen. Dass wir Loukas so nach 36 Stunden gesund zurückbekommen haben zeigt mir, dass Karsten und ich nicht nur ein verdammt gutes Team, sondern auch erfolgreiche Krisenmanager sind. Für den Fall, dass euch so etwas auch einmal passieren sollte, rekonstruiere ich hier die 36 schlimmsten Stunden unserer bisherigen Reise.

Donnerstag, 21.06.2012, 23.oo Uhr

Wir stehen mit dem Wohnmobil am Flussufer in Atyrau, gleich hinter der Promenade. Karsten und ich sitzen im Magirus von Sylvia und Eckhard aus Schleswig-Holstein, die auf einer Reise nach Nepal und China sind. Loukas hat sich in unseren LT auf seine Decke verkrochen. Kurz vor dem Feuerwerk gehe ich rüber, um nach ihm zu schauen. Dann beginnt das Feuerwerk, ich verlasse den Wagen, Loukas kommt mir hinterher, bekommt Panik und macht etwas Paradoxes: Anstatt wieder in den Bus zu hüpfen (wie er es immer getan hat bei „Gefahr“), rennt er in die entgegengesetzte Richtung – flussabwärts – davon. Er ist nicht mehr zu halten und nur wenige Sekunden später ist er in der dunklen Nacht verschwunden.

23:30 Uhr

Karsten und ich suchen flussabwärts das Ufer ab. Wir rufen und pfeifen nach ihm. Ich frage jeden, der mir begegnet. Es sind viele Jugendliche unterwegs. Einige reagieren hämisch und spotten. Zwei Leute sagen, sie hätten Loukas laufen gesehen, jedoch in die jeweils entgegengesetzten Richtungen.

Freitag, 22.06.2012, 1:00 Uhr

Wir beschließen, dass die Suche heute Nacht keinen Zweck mehr hat. Es ist einfach zu dunkel. Wir hoffen, dass er bis morgen früh den Weg zum Bus zurückgefunden hat. Ich vermute, dass er sich die Nacht über irgendwo versteckt hält und uns mit Sonnenaufgang zu suchen beginnt. Karsten hat Sorge, dass er aus Panik sehr weit gerannt ist. Und dass er in dem Moment, in dem er wieder zu Sinnen kam, nicht mehr wusste wo er ist.

5:30 Uhr

Ich wache auf. Es ist hell. Loukas ist nicht da. Karsten ist nicht da. Ich bleibe noch liegen und versuche einen klaren Gedanken zu fassen. Wie sollen wir nach ihm suchen? Mein Gehirn ist eine breiige Masse. Dann öffnet Karsten die Tür. „Wir müssen  jetzt handeln. Polizei, Flugblätter, Radiostation. Taxiunternehmen sollen ihre Fahrer über Funk informieren. Ich fahre jetzt mit dem Motorrad rum und suche.“ Karsten fährt los, ich koche mir einen Kaffee und ordne die Gedanken. Beschließe erst zur Polizei zu fahren, dann Flugblätter drucken zu lassen, vielleicht mit der deutschen Botschaft zu telefonieren. Taxifahrer und Radio krieg ich dann auch noch irgendwie hin. Einpacken muss ich Fotoapparat mit Fotos von Loukas, ein Netbook, USB-Stick, Geld, Pass, Mobiltelefon.

6:30 Uhr

Ich stehe an der Straße und warte auf ein Taxi. Es hält ein Privatwagen. Ich weiß, dass Trampen hier üblich ist, und dass man dem Fahrer etwas Geld gibt für die Fahrt. Ich setze mich in den Wagen und frage „Polizie?“. Er antwortet: „Da.“ Wir reden das nötigste und das, was mit meinen mehr als rudimentären Russischkenntnissen überhaupt möglich ist. Er setzt mich vor dem Polizeigebäude ab und will 600 Tenge (=3,30 Euro). Eine Taxifahrt für die Strecke hätte etwa genau so viel gekostet.

7:00 Uhr

Ich betrete das Polizeigebäude. Hinter einer Panzerscheibe sitzt ein Beamter. Drumherum stehen drei weitere. Ich: „Do you speak english?“ Er: „Net.“ Das hatte ich mir gedacht. Niemand hier spricht Englisch. Mit meinem minimalen Wortschatz und vielen Gesten erkläre ich mein Problem. Man versteht mich einigermaßen und schmunzelt über mich. Ein Polizist will mich abwimmeln. Ich soll ab 10:00 Uhr wiederkommen, dann würde man mein Gesuch aufnehmen. Ich merke, so komme ich hier nicht weiter. Im Leben suchen die nicht nach unserem Hund. Ich ziehe alle Register. „Wir zahlen 200 Dollar Finderlohn.“ Ein Polizist versteht und notiert meine Nummer. Auch die anderen werden wach und tuscheln.

8:00 Uhr

Ich habe zwei Stunden Zeit, bis ich wieder in die Polizeistation zurückkehren soll. Da ich das hier ohne Dolmetscher nicht hinkriegen werde, bitte ich um ein Telefonat mit der Deutschen Botschaft. Ein Polizist sagt, dafür müsse ich zur Kasachischen Telekom zwei Blocks weiter. In der Polizeistation könne ich nicht telefonieren. Ich fühle mich geschlagen und verlasse das Gebäude. Zwei Polizisten gabeln mich auf und bieten mir an, mich zur Telekom zu fahren. Warum ich mit der Botschaft telefonieren will? Ich: „Translation.“ Einer wählt die Nummer eines Freundes. Der spricht etwas Englisch. Während wir fahren, soll ich ihm mein Problem noch einmal erklären. Die Übersetzung ins Kasachische dauert ewig. Jeder meiner Sätze scheint mindestens zehn Kasachische zu brauchen. Die Kasachen müssen sich lange „warm reden“, bevor sie zum Punkt kommen. Das hat mir schon mein Reiseführer verraten. Trotzdem werde ich nervös. Irgendwann fahren wir weiter und halten vor dem Gebäude der Telekom. Der Polizist will 2.000 Tenge haben (=11 Euro) für die Fahrt und für das Telefonat, das mir überhaupt nichts gebracht hat. Ich handle auf 1.000 Tenge runter und bezahle zähneknirschend. Wahrscheinlich werde ich die Jungs ja nochmal brauchen. Bei der Telekom stellt sich heraus, dass dies nur ein Verwaltungsgebäude ist. Man kann hier gar nicht telefonieren.

8:30 Uhr

Mir wird deutlich, dass wir die Suche ohne hiesige Hilfe nicht gemeistert kriegen. Ich muss dringend mit der Botschaft telefonieren und Kontakte knüpfen. Ich erinnere mich an die netten Mitarbeiter des Luxushotels Renaissance. Dort waren wir gestern mit Sylvia und Eckhard, weil wir nach spätestens fünf Tagen Aufenthalt im Land unsere Visa registrieren lassen müssen. Sonst drohen dicke Geldstrafen und ellenlange Verhöre. Registrieren lassen kann man sich in einigen Hotels oder in der Migrationsbehörde. Das einzige Hotel in Atyrau, das diesen Service übernimmt, ist das Renaissance. Wir hätten jedoch mindestens eine Nacht bleiben müssen. Da das günstigste freie Zimmer schlappe 400 Euro pro Nacht gekostet hätte, entschieden wir uns dann doch für die Migrationsbehörde.

Ich gehe also ins Hotel und frage die Dame am Counter, ob ich von hier aus mit der Deutschen Botschaft in Almaty telefonieren könne. Ich hätte ein Problem und bräuchte Hilfe. Die Dame – Aidana – sah mich an und erkannte wohl, dass es mir dringlich ist. Sie stellt ein Telefonat zur Botschaft her. Eine Frau mit bayrischem Akzent antwortet. Der Honorarkonsul aus Atyrau sei derzeit in Deutschland. Nein, sie kennt keinen Dolmetscher in der Stadt. Ich müsse jetzt dringend Kontakte knüpfen. Radio könne ich vergessen. „Die Kasachstaner geben ihre Medien für so etwas nicht her.“ Und niemand hier würde von sich aus auf die Idee kommen, die Telefonnummer zu wählen, die an Loukas Halsband befestigt sei. Flugblätter mit einer Belohnung sei der richtige Ansatz. Für 200 Dollar werden die Menschen hier richtig suchen. Auch bei der Polizei würde ich nur so weiterkommen. Abschließend macht sie mir Mut und sagt: „Ich kann Sie gut verstehen. Ich habe in Theran mal meine Katze verloren. Jemand hat sie mir tatsächlich zurückgebracht. Ich wünsche Ihnen viel Glück.“

9:00 Uhr

Kontakte knüpfen. Ok. Unser Ansatz ist richtig. Dann fang ich gleich mal hier an. Ich zeige Aidana das Foto von Loukas. Sie fühlt mit. Will mir helfen. „This is a Voucher for a coffee. I will organize somebody who will come with you to the police.” Ich bin dankbar, trinke Kaffee und erstelle das Faltblatt am Computer. Aidana übersetzt ins Russische und bietet ihre private Telefonnummer als Kontakt an. Ich bin gerührt von so viel Unterstützung.

9:45 Uhr

Ihr Kollege, Nuzhat, wird um 11:00 Uhr hier sein, um mir zu helfen. In der Zwischenzeit suche ich einen Kopierladen, um die Flugblätter auszudrucken. Ich treffe Karsten, der den ganzen Morgen bereits sämtliche Seitenstraßen und Hinterhöfe der Siedlungsgebiete flussabwärts abgesucht hat. Den Kopierladen finde ich nicht. Und die Läden, die ich finde, sind überteuert. 50 Euro für 100 Flugblätter will ich selbst in dieser Situation nicht bezahlen. Wir fahren erst einmal zusammen zurück in das Hotel.

11:00 Uhr

Nuzhat ist da. Ein netter junger Mann, der hervorragend Englisch spricht. Er organisiert ein Taxi und verhandelt 1.500 Tenge (8,30 Euro) pro Stunde. Die Idee finde ich hervorragend. So wird der Taxifahrer die ganze Zeit verfügbar sein. Wir fahren in einen Kopierladen und lassen 300 Flugblätter für 2.000 Tenge (11 Euro) drucken. Karsten nimmt die Hälfte der Blätter mit und fährt mit dem Motorrad zurück zum Bus. Er verteilt Flugblätter in dem Stadtteilkern vor dem Fluss. Vor allem dort, wo viele Menschen sind. Zum Beispiel an Bushaltestellen.

11:30 Uhr

Auf dem Weg zur Polizei frage ich, ob der Taxifahrer einen Funkspruch mit unserem Gesuch und der Belohnung an alle Taxifahrer durchgeben kann. Der Taxifahrer ist einverstanden. Zwei Stunden später wird er dafür ein dickes Trinkgeld von mir bekommen. Nuzhat und ich gehen in das Polizeigebäude. Der Polizist hinter Panzerglas will Nuzhats Ausweis sehen. Meinen nicht. Ein Polizist mit der MP im Anschlag öffnet uns die Gittertür. Wir gehen in die erste Etage. In einem heruntergekommenen blau gestrichenen Raum empfängt uns ein Polizist. Die Fenster sind mit vergilbten A4-Blättern zugeklebt. Wir setzen uns vor den winzigen Schreibtisch. Die beiden reden lang und ausgiebig. Nuzhats Übersetzungen dagegen sind fast einsilbig. Ich vertraue ihm. Die Flugblätter liegen vor uns auf dem Tisch. Ein weiterer Polizist kommt rein. Dann ein Vorgesetzter. Noch ein Vorgesetzter. Jeder nimmt ein Flugblatt in die Hand. Sie lachen, machen sich lustig über mich. Ich kann das nachvollziehen. 200 Dollar sind hier verdammt viel Geld und ein Hund dagegen einfach nichts wert. Mir ist der Spott egal. Ich sehe es mehr als Bestätigung. Das Geld ist eine echte – vermutlich die einzige – Motivation, nach dem Hund zu suchen. Nach etwa 15 Minuten – der Beamte hatte schon angefangen meine Daten aufzunehmen – sagte er aus heiterem Himmel, dass er mein Gesuch nur aufnehmen könne, wenn ein diplomierter Dolmetscher übersetzen würde. Der ist richtig teuer. Ich frage Nuzhat um Rat. Er meint, selbst wenn wir jetzt einen Dolmetscher besorgen, wüssten wir nicht, was sie danach fordern werden. Er glaubt, dass die Verteilung der Flugblätter effizienter sei. Wir brechen die Vernehmung ab. Ein paar Flugblätter lasse ich trotzdem da.

12:30 Uhr

Wir fahren in das Gebiet, in dem Loukas verschwunden ist. Wir drücken das Flugblatt den Passanten in die Hand, legen sie in Einkaufsläden aus, verteilen sie an Taxifahrer. Ich beschließe, dass ich den Rest mit Karsten allein machen muss. Ich bezahle den Taxifahrer. Nuzhat will kein Geld, ich gebe natürlich trotzdem etwas. Ich bin ihm sehr dankbar.

13:00 Uhr

Karsten hat die letzten beiden Stunden Flugblätter verteilt. Wir telefonieren, verabreden uns am Bus, sind fix und alle. Ich habe letzte Nacht vier Stunden geschlafen, Karsten gar nicht. Wir trinken Kaffee, heulen eine Runde und beschließen, dass wir jetzt – trotz allem – dringend zur Migrationsbehörde fahren müssen, um uns registrieren zu lassen. Morgen ist Wochenende und Montag haben wir die Frist schon überschritten. Noch mehr Ärger wollen wir nicht riskieren.

14:30 Uhr

Wir sitzen in der Migrationsbehörde. Da betreten Sylvia und Eckhard den Raum. Auch sie lassen sich registrieren. Das trifft sich super, denn Eckhard hat bei der Bundeswehr Russisch gelernt. Er hilft mir, die Fragebögen auszufüllen und erklärt Karsten, wo er unsere Dokumente kopieren lassen kann. Während wir warten, unterhalten wir uns nett und sind abgelenkt. Das tut gut.

17:00 Uhr

Wir sind zurück am Standplatz. Die beiden Norddeutschen bleiben auch noch eine Nacht. Wir schnappen uns das Motorrad und fahren wieder flussabwärts, um Loukas zu suchen und Flugblätter aufzuhängen.

17:30 Uhr

Nuzhat ruft an. Eine Frau hat angerufen. Sie hat einen Hund gefunden. Er hat aber kein Halsband an. Vielleicht hat Loukas ja sein Halsband verloren? Unwahrscheinlich. Wir fahren trotzdem hin. Mein Herz klopft. Sie öffnet die Tür. Der Hund hier sieht Loukas wirklich sehr ähnlich. Aber er ist es leider nicht. Die ganze Familie ist enttäuscht. Das Geld hätten sie sicher gut gebrauchen können.

18:00 Uhr

Wir verteilen wieder Flugblätter. Diesmal weiter entfernt, wir fahren bis in die Vororte. Karsten glaubt, dass der Hund nicht mehr in unserer Nähe ist. Dass er wirklich weit gelaufen ist. Es wird immer. Holzhütten, heruntergekommene Infrastruktur. Viele Kinder spielen auf den Straßen. Einige laufen uns freudig hinterher – ein Motorrad verirrt sich sicher nicht häufig in die Gegend. Wir sind eine echte Erscheinung. Vor allem, wenn die Leute dann noch unsere Flugblätter lesen. 200 Dollar entsprechen hier etwa einem Monatslohn. Das Durchschnittseinkommen in Atyrau beträgt 600 Dollar. Ich fühl mich nicht immer gut dabei, so viel Geld zu bieten. Finde es manchmal arrogant. Aber was wäre die Alternative? Wochenlang ausharren? Darauf hoffen, dass er von allein zurückfindet? Riskieren, dass er überfahren oder eingefangen wird? Richtig flau wird mir, als ich unser Flugblatt neben die Vermisstenanzeige eines kleinen Jungens hänge. Scheiße – wie schlimm muss es sein, ein Kind zu verlieren. Der Schmerz ist sicher unvorstellbar groß.

19:00 Uhr

Wir sind zurück im Bus. Müde. Ich beginne, eine Suppe zu kochen. Wir haben beide den ganzen Tag lang nichts essen können. Karsten spielt Sherlock Holmes: „Jetzt betrachten wir das ganze doch mal aus der Perspektive des Hundes. Wir nehmen an, er sucht uns, hat sich aber verlaufen. Hunde riechen und hören gut. Hier riecht es nach Wasser. Hier hört man den Verkehr, der über die Brücke geht. Wahrscheinlich wird er am Wasser in der Nähe einer Brücke suchen.“ Bislang haben wir immer nur flussabwärts gesucht. Flussaufwärts aber gibt es noch zwei Brücken. Vielleicht hat er bei der Flucht einen Bogen geschlagen. Ich unterbreche das Kochen und wir ziehen zu Fuß noch einmal los. Einige Kilometer flussaufwärts, immer entlang der Promenade. Wir verteilen die Blätter vornehmlich an Hundebesitzer, Angler, Reinigungskräfte und Polizisten. An einer Stelle bekomme ich ein merkwürdiges Gefühl. Ich laufe in die Querstraße. Aus irgendeinem Grund glaube ich, dass der Hund hier ist. Ich rufe nach ihm, finde ihn nicht. Zurück auf der Promenade sage ich zu Karsten: „Das frustrierende an dieser Suche ist, dass Loukas genau in diesem Moment in der Parallelstraße sein könnte, wir ihn hier aber nicht finden.“ Etwa zwölf Stunden Später wird Loukas ungefähr hier von einem Angler entdeckt.

22:00 Uhr

Wir erreichen den Bus. Wir können nicht mehr laufen, nicht mehr denken. Sylvia und Eckhard sind hervorragende Seelentröster. Sie stellen Bier und Wodka auf den Tisch und bringen uns für ein paar Stunden auf andere Gedanken. Wir fallen ins Bett und schlafen bis morgens um neun durch.

Samstag, 23.06.2012, 9:00 Uhr

Karsten hat die Idee, eine Facebook-Seite „Finding-Loukas“ zu erstellen. Nuzhat hatte uns angeboten, sein Facebook-Netzwerk zu aktivieren. An der Promenade gibt es ein offenes W-Lan-Netz. Dort stellt er die Seite online.

10:00 Uhr

Wir wollen weitere Faltblätter drucken lassen und danach ins Renaissance-Hotel fahren. Sylvia und Eckhard frühstücken und wollen etwa in einer Stunde weiterfahren. Ich sage: „Wenn nicht zufällig jemand anruft und Loukas hat, sehen wir uns gleich noch.“

11:00 Uhr

Im Hotel strahlt uns Aidana entgegen. Sie wollte uns gerade anrufen. Soeben hat sich jemand gemeldet. Er hat den Hund. Der Hund hat ein schwarzes Halsband und eine rote Marke mit zwei deutschen Telefonnummern darauf. Wir sind aufgeregt. Lassen ein Taxi rufen. Karsten fährt mit dem Motorrad hinterher. Vor der Tür empfangen uns der Mann und eine ganze Horde gutgelaunter Kinder. Wir gehen in ein Mehrfamilienhaus. In den Fluren ist es schmutzig und es riecht nach Urin. Hinter der Haustür ist es winzig und heimelig. Der Mann öffnet die Tür zum Wohnzimmer. Und darin sitzt Loukas! Er springt auf als er uns sieht. Wedelt mit dem Schwanz, tänzelt um uns herum, springt. Definitiv ist er genauso froh uns zu sehen, wie wir ihn. Der Mann lacht über das ganze Gesicht. Damit keine Missverständnisse aufkommen, gibt Karsten ihm sofort das versprochene Geld. Wir freuen uns für ihn mit. Er ist sehr sympathisch und kann das Geld auf jeden Fall gut gebrauchen. Er ist seit fünf Monaten arbeitslos. Seine Frau arbeitet und ernährt die Familie mit drei kleinen Kindern.

Wir trinken Tee und er erzählt, wie er Loukas gefunden hat. Er hat am Fluss geangelt und da kam Loukas. Er erinnerte sich an das Plakat, dass er gestern an der Bushaltestelle gesehen hat. Ließ alles stehen und liegen und lief dem Hund hinterher. Loukas lief natürlich weg. Vier Kilometer lang folgte er Loukas auf der Promenade. Dann erinnerte er sich, dass man den Hund „Loukas“ rufen sollte, wenn man ihn finden würde. Das tat er. Loukas spitzte die Ohren und blieb stehen. Er erreichte den Hund, nahm ihn mit nach Hause und rief Aidana an.

Erleichtert fahren wir drei zurück zum Bus. Sylvia und Eckhard sind leider nicht mehr da. Auch wir brechen sofort alle Zelte ab. Es vergehen kaum zehn Minuten, als ein Passant fragt, ob dies nicht der gesuchte Hund sei. Auf der Straße stadtauswärts sehen wir am Straßenrand den Wagen von Sylvia und Eckhard parken. Wir freuen uns und beschließen unweit in der Steppe noch eine gemeinsame Nacht zu verbringen, bevor sich unsere Straßen gabeln und die Wege trennen würden.

Was für ein Happy-End.

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