90 Tage = 12 Wochen = 3 Monate

Vor einem halben Jahr habe ich mich gefragt, wie ich mich fühlen werde, wenn drei Monate der Auszeit herum sind und ich realisiere, dass noch immer neun Monate vor uns liegen. Jetzt kann ich sagen: normal. Kein Glücksgefühl aus heiterem Himmel elektrisiert mein Stimmungszentrum. Die Auszeit ist zur Normalität geworden. Und dass noch neun Monate übrig sind und noch ausreichend Geld auf dem Konto ist, balsamiert die Ahnung im Hinterkopf, dass diese Zeit auch wieder zu Ende gehen wird.

Das einzig wirklich Erstaunliche ist die Gewöhnung. Uns war bewusst, dass wir im Winter längere Zeit an einem Ort am Meer verbringen würden. Den Platz dafür haben wir in Karathona gefunden. Wenn wir nicht achtgeben, verpassen wir den Absprung und bleiben das ganze Jahr hier. An diesem Ort haben wir alles, was wir benötigen: Wir bekommen Frischwasser und können unser Klo und unseren Abwassertank leeren. Wir finden Totholz und können abends ein Lagerfeuer machen. In regelmäßigen Abständen von zwei bis drei Tagen tauchen neue Reisende aus England, Frankreich, Deutschland oder Griechenland auf, mit denen wir uns dann anfreunden. Letztens erst schaute eine Gruppe von französischen Backpackern vorbei, die bei null Grad zelteten und sich an unserem Feuer wärmten. Dann haben wir in Fahrradnähe die Stadt Nafplio, in der es ein freies, öffentliches WLAN gibt und in der wir unsere Besorgungen machen können. Ich war sogar dort bereits bei einer Zahnärztin, um eine defekte Plombe reparieren zu lassen. Knapp außerhalb von Nafplio befindet sich eine Autogastankstelle, an der wir mit unserem neuen Adapter unsere Kochgasflaschen füllen lassen können. Zur Krönung gibt es hier in der Bucht auch noch drei Kletterfelsen mit vorbildlich gebohrten Routen. Was will man mehr?

Die Frage ist leicht zu beantworten: ungefähr dreimal so viel Platz mehr im Auto als wir jetzt zur Verfügung haben, einen Ofen, den man mit Holz betreiben kann, und einen Frischwassertank mit mindestens 500 Litern Fassungsvermögen. Eventuell noch einen Fäkalientank statt unseres Chemieklos und Allradantrieb. Die Reihenfolge der Aufzählung steht auch für die Wichtigkeit. Erst wenn man eine Reise unseres Ausmaßes unternimmt, erkennt man, was wirklich in einem Wohnmobil unterwegs notwendig ist und was nicht. Was nützen Heizung, Kochstelle und Warmwasserboiler auf Gasbetrieb, wenn in jedem Land andere Gasflaschen mit anderen Anschlusssystemen verkauft werden? Dass man so etwas zumindest EU-weit noch nicht genormt hat, prangere ich an. Ich sehe uns schon irgendwo im Hochgebirge von Kirgistan im Bus vor Kälte zittern, weil unsere Gasflaschen leer sind, während um uns herum genug Holz liegt, um einen netten kleinen Ofen zu betreiben, auf dem man kochen kann und dessen Abgasrohr auch noch den Warmwasserboiler erhitzt. Wie gerne würde ich einen solchen Ofen nachträglich in unseren Bus einbauen, aber wir haben einfach nirgendwo mehr Platz dafür. Unser Gefährt ist so auskonzipiert wie eine Raumkapsel. Jeglicher erdenklicher Stauraum ist belegt, dabei haben wir nicht zu viel dabei. Bis auf das Sechs-Mann-Zelt und die Vier-Tonnen-Seilwinde haben wir bisher auch alles benötigt und würden auch nicht darauf verzichten wollen.

Wenn wir noch einmal auf eine ähnliche Reise gehen, sieht unser Gefährt ungefähr so aus:

Ein Mercedes-Benz LA 911. Mehr zu dem Fahrzeug hier.

Die Urheberrechte für diese Idee liegen übrigens bei Jörg Hinz, der kurz vor unserer Reise diesen Wagen empfohlen hat.

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