Weihnachten

Heute ist Heiligabend. Das sagt zumindest mein Kalender. Wäre alles wie immer, hätte ich schon längst Geschenke gepackt, Kochbücher gewälzt, in überfüllten Supermärkten Schlange gestanden und mit Karsten über Sinn und Unsinn von Weihnachten diskutiert. In diesem Jahr ist alles anders für uns.

Ohnehin ist hier wenig von Weihnachten zu spüren. Die Griechen feiern Ostern viel ausgiebiger, und Geschenke bekommen die Kinder in der Regel erst am 1. Januar. Das ist der Todestag des heiligen Blasius, der im 4. Jahrhundert Bischof war. Er entsagte allen irdischen Gütern und propagierte diese Lebensweise. Nicht verstanden habe ich allerdings, warum die Kinder nun ausgerechnet ihm zu Ehren Geschenke bekommen. Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

Karsten und ich gehören beide nicht mehr der Kirche an. Somit ist die Bedeutung des Festes zu Ehren von Christi Geburt für uns in den Hintergrund gerückt. Ich schätze das Fest vielmehr als eine ritualisierte Zusammenkunft mit der Familie und engen Freunden. Für mich bedeutet Weihnachten immer auch „nach Hause kommen“. In diesem Jahr grüße ich dagegen aus der Ferne.

Auch der Tod von Karstens Vater, die Trauer und das „sich neu ordnen“ lässt Weihnachten in diesem Jahr an Bedeutung verlieren. Wenn uns ein nahestehender Mensch verlässt, scheint erst einmal alles Bekannte umgekrempelt, auf den Kopf gestellt. Eingeübte Lebenskonzepte greifen plötzlich nicht mehr, weil da nun jemand fehlt. Mir ging es so, als meine Mutter vor zweieinhalb Jahren starb. Für mich war die intensive Begegnung mit dem Tod aber auch unweigerlich eine Begegnung mit dem Leben. Und ein Aufruf an mich, es in dem mir möglichen Rahmen bewusst zu gestalten und auszukosten. Diese Reise ist daraus geboren.

Wir verbringen den Abend am Strand von Kamares. Das liegt an der Ostküste des mittleren Fingers des griechischen Peleponnes. Wahrscheinlich werden wir ein Lagerfeuer machen und in die Sterne gucken, vielleicht Suwlákia grillen und griechischen Landwein trinken.

Wo immer du gerade bist, was immer für dich Weihnachten bedeutet und ob du die Tage alleine, mit der Familie oder mit Freunden verbringst: Ich wünsche dir eine gute Zeit und einen wertvollen Moment, in dem du innehalten kannst. Einen Moment der ganz dir gehört und der dir Raum lässt, dich an deine Träume zu erinnern. Einen Moment der Begegnung mit dir selbst.

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